Parteileben

90 Jahre in der SPD

Ende März ist Grete Beese mit 107 Jahren in Gießen verstorben. Sie hat als Sozialdemokratin unter zwei Diktaturen gelitten, aber der SPD immer die Treue gehalten – unter schwierigsten Bedingungen.
von Karin Nink · 24. April 2015
Grete Beese diskutiert an ihrem 100. Geburtstag noch fleißig über Politik.
Grete Beese diskutiert an ihrem 100. Geburtstag noch fleißig über Politik.

Grete Beese blieb treue Genossin durch alle Wirrungen des 20. Jahrhunderts hindurch. Als die Nazis das Erscheinen der sozialdemokratischen „Mecklenburgische Volkszeitung“ 1933 verboten hatten, ging die Sekretärin zur Rostocker Neptun-Werft. Nach der NS-Gewaltherrschaft gehörte sie mit zu den ersten, die im Juli 1945 in ihrer Geburtsstadt Rostock die „Ortsgruppe der Sozialdemokratischen Partei“ mitgründete. Doch Ruhe kehrte nicht ein.

Denn Grete Beese und ihr Mann Heinrich waren gegen die Zwangsvereinigung von SPD und KPD in der damals sowjetisch besetzten Zone. Ihr Mann wurde inhaftiert und 1949 wegen angeblicher Spionage und „antisowjetischer Propaganda“ zu 25 Jahren Haft verurteilt. „Das war schlimm“, erinnert sich Sohn Klaus. Der Vater sei auf seiner Arbeit als Personalchef der Rostocker Stadtwerke verhaftet, die Wohnung der Familie von russischen und deutschen Behörden auf den Kopf gestellt worden. Der Junge war gerade sieben Jahre alt, und Grete musste sehen, wie sie das Kind und sich durchbrachte. Arbeit zu finden war nicht einfach. Aufgrund ihres politischen Engagements wurde sie immer wieder entlassen. Aus der zwangsweise vereinten Partei war sie sowieso ausgeschlossen worden. Ausgrenzung erlebte auch der Junge in der Schule, „immer, wenn nach dem Vater gefragt wurde“.

„Ich hänge doch an dieser Partei“

1956, als der Vater früher aus der Haft entlassen wurde, floh die Familie nach Gießen. Heinrich Beese wurde Sekretär der dortigen SPD, Grete arbeitete bei der IG Druck und Papier. Sie blieb der SPD verbunden. „Ich hänge doch an dieser Partei“, verriet Grete ihren Gießener Genossen an ihrem 100. Geburtstag. „Da hat sie noch intensiv mit den Gästen über Politik diskutiert“, erinnert sich ihr Sohn. Danach ging es ihr gesundheitlich schlechter. So konnte sie auch nicht mehr der Einladung der SPD zur 150-Jahr-Feier nach Leipzig folgen.

Die Gießener SPD würdigte sie in einem Nachruf: „Ihr selbstloses Handeln ist für uns Vorbild und Mahnung zur Bewahrung der von ihr erkämpften demokratischen Freiheiten.“

Schlagwörter
Autor*in
Avatar
Karin Nink

ist Chefredakteurin des "vorwärts" und der DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik sowie Geschäftsführerin des Berliner vorwärts-Verlags.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare