9-Euro-Tour: Warum Mathias Stein statt nach Köln in den Harz fährt
Mathias Stein
Dass als Zielort am Mittwoch Wernigerode auf dem Plan steht, das hat Mathias Stein dann doch ein wenig überrascht. Der kleine Ort ist aus der Abstimmung als Sieger hervorgegangen. Obwohl die beliebte Großstadt Köln auch zur Wahl stand, schickte sein Publikum bei Instagram den Sozialdemokraten in den Ausflugsort im Harz, das Abstimmungsergebnis ist deutlich. „Da war ich auch noch gar nicht“, gibt der Bundestagsabgeordnete aus Kiel zu. Aber er nutzt den Ausflug gut: Er besucht seinen Bundestagskollegen Martin Kröber (SPD) vor Ort, besichtigt die Harzer Schmalspurbahn. „Hier gilt auch das 9-Euro-Ticket“, kann er seinem Publikum bei Instagram berichten, dass ihn auf seiner kleinen Rundreise durch Deutschland begleitet.
Sommertour im ÖPNV: Das Publikum entscheidet
Mathias Stein hat sich dazu entschlossen, in der Sommerpause des Bundestags eine kleine Rundreise anzutreten. Wo er hinfährt, darüber darf am Tag vorher sein Publikum entscheiden, er gibt nur eine kleine Auswahl vor. Und so kommt es, dass seine erste Station Bremerhaven wird, danach folgen Wernigerode und Eisenach. „Von Kiel ist die Verbindung dorthin tatsächlich ganz gut“, kann Stein über sein erstes Ziel erzählen. Mit knapp vier Stunden in den Nahverkehrszügen sei er auch nur rund eine Dreiviertelstunde länger als mit den Fernzügen der Deutschen Bahn unterwegs gewesen. „Das hat gut geklappt.“
Seine Tour hat der Sozialdemokrat aber nicht nur so geplant, um Zugverbindungen zu testen, erklärt er im Gespräch mit dem „vorwärts“ weiter: „Als Politiker kennt man oft nur den Bahnhof und hat oft nur einzelne Veranstaltungen. Ich konnte die Orte jetzt viel intensiver kennenlernen.“ Er reist nicht in Hemd und Anzug, sondern wartet mit Schiebermütze und Rucksack auf die nächste Verbindung. Zwischendrin hat er dann auch Zeit Postkarten zu schreiben. Die gehen auch wieder an die Menschen, die seine Tour auf Instagram verfolgen – wer Post bekommen will, kann auf die entsprechende Nachricht reagieren.
„Ich habe auch versucht, mein Gepäck schmal zu halten“, sagt er mit einem Lachen. In manchen Zügen sei es dann doch relativ voll, wenn beispielsweise in Bremerhaven noch Urlaubsgäste von Kreuzfahrten mit ihren großen Koffern zusteigen oder er in den Pendelverkehr der Großstädte gerät. „Außerhalb dieser Zeiten konnte man aber eigentlich immer einen Sitzplatz finden“, meint Stein.
Experte für die Verkehrswende
In der SPD-Bundestagsfraktion ist er Mitglied des Verkehrsausschusses, beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema Mobilität und Verkehrswende. „Ich weiß, das vieles nicht einfach zu lösen ist“, sagt er mit Blick auf Baustellen und andere Dinge, die gerade den Schienenverkehr behindern, „die Infrastruktur ist eben in den vergangenen Jahren einfach marode geworden.“ Als Fahrgast hofft er dann auch, dass sein Anschlusszug vielleicht doch noch die paar Minuten wartet, oder dass die Verspätung nicht zu groß ausfällt. Obwohl er als Fachpolitiker doch um die engen Fahrpläne, die Konkurrenz der Verkehrsunternehmen auf der Schiene weiß. „Gerade wenn dann der Anschlusszug nur alle zwei Stunden fährt“, merkt Stein an.
Es sind dann auch diese Art von Problemen, die dafür sorgen, dass er in Hannover ein wenig länger Aufenthalt hat als geplant und etwas später den Harz erreicht. Genug Zeit für eine kleine Stadtführung und einen gemütlichen Abend in Wernigerode bleibt dann aber eben doch noch, wie er auf Instagram seinen Followern mitteilen kann.
Hofft künftig auf günstige Mobilität in Ferien
Mit Blick auf die Zukunft des günstigen Nahverkehrstickets hofft er außerdem, dass es künftig vielleicht ein Angebot gibt, das auf die Ferienzeit begrenzt ist. „Ich habe einige Familien gesehen, auch Großeltern mit ihren Enkeln, die jetzt mit dem ÖPNV verreist sind. Das ist schon toll.“ Gerade in Krisenzeiten, so sein Wunsch, sollten doch alle die Möglichkeit für Ausflüge und Urlaub haben – wenigstens einmal im Jahr. „Dazu gehören aber natürlich noch andere Bausteine wie zum Beispiel günstige Übernachtungsmöglichkeiten“, ergänzt der Sozialdemokrat. Eine günstige Möglichkeit, überhaupt zu verreisen, aber eben auch. „Wir brauchen dieses Auftanken für alle“, ist er überzeugt.
Und ein Mobilitätsangebot am Bahnhof, beispielsweise über Leihfahrräder, gehört für ihn ebenfalls zu einem attraktiven Nahverkehr dazu. Aus seiner norddeutschen Heimat kennt er das als „Sprottenflotte“. „Das geht Hand in Hand“, meint der Verkehrsexperte, der sich auch als „Fahrradabgeordneter“ beschreibt, viele Termine auf zwei Rädern absolviert.
Ein Lob an das Bahn-Personal
Ein Lob will er außerdem noch an das Personal im Zug und an den Bahnhöfen loswerden: „Denen sollte wirklich Respekt gezollt werden“, so Stein, vor allem bezogen auf die Geduld der Mitarbeiter*innen, die trotz Stress und vollen Zügen noch höflich und nett mit den Fahrgästen umgingen.
Für Donnerstag hat ihn sein Publikum in Richtung Eisenach geschickt – dazu muss er vormittags in Wernigerode erstmal mit dem Bus in Richtung Halberstadt fahren. So haben es seine Follower entschieden, mit einer Mehrheit von 49 Prozent vor Potsdam mit 21 Prozent.