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11. Februar 1919 - Der erste Bürgerpräsident

von Franz Müntefering · 11. Februar 2009
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Am 11. Februar jährt sich zum 90. Mal die Wahl des Sozialdemokraten Friedrich Ebert zum ersten demokratisch gewählten Staatsoberhaupt in Deutschland - erstmals ein Bürger an der Spitze des Landes, einer "aus dem Volke". Eine große Mehrheit der in Weimar zusammengekommenen verfassunggebenden Nationalversammlung wählte ihn zum Reichspräsidenten. In schwierigster Zeit mit hoher persönlicher Integrität, Umsicht und demokratischem Selbstbehauptungswillen führte er das Amt bis zu seinem Tode im Februar 1925.

Im Rückblick wird die Phase der ersten Deutschen Demokratie - 1918 bis 1930/33 - vor allem und oft ausschließlich als das Scheitern der demokratischen Kräfte gesehen. Ein Scheitern war es auch.

Aber das sagt wenig über die aus, die wie Friedrich Ebert verantwortungsbewusst und entschlossen für diese Demokratie kämpften.

Sie haben getan, was möglich war. Dass damals zu wenige aktive Demokraten waren, dass zu viele die Demokratie mit Indifferenz, oft mit Spott und Hass belegten, das schmälert nicht die grundlegende Arbeit von Friedrich Ebert und anderen Demokratinnen und Demokraten ihrer Zeit.

Deshalb hat er auch heute unsere Aufmerksamkeit und unsere Würdigung verdient.

Die Wahl Friedrich Eberts zum Reichspräsidenten war Symbol des grundlegenden politisch-gesellschaftlichen Wandels nach dem Zusammenbruch des Kaiserreiches und der Ausrufung der Republik durch den Sozialdemokraten Philipp Scheidemann. An die Stelle des deutschen Kaisers von Gottes Gnaden trat der aus einer Handwerkerfamilie in Heidelberg stammende gelernte Sattler Friedrich Ebert.

Ziel: Soziale Demokratie

Ebert war in der Sozialdemokratie Bremens aufgestiegen. 1913 wurde er auf Reichsebene zum Nachfolger August Bebels - neben Hugo Haase - zum SPD-Vorsitzenden gewählt und übernahm bald darauf auch das Amt des Fraktionsvorsitzenden. Während des Ersten Weltkriegs hatte Ebert 1917 maßgeblichen Anteil an der Durchsetzung der Reichstagsresolution, die einen Verständigungsfrieden forderte.

Nach dem 9. November 1918 trat der überzeugte Reformist Friedrich Ebert als Vorsitzender der provisorischen Reichsregierung des Rates der Volksbeauftragten - wie die große Mehrheit der revolutionären Arbeiterschaft - für die Einberufung einer verfassunggebenden Nationalversammlung ein. Die äußerste Linke, insbesondere die KPD, suchte dies mit Gewaltmitteln zu verhindern. Eberts Ziel war die Schaffung einer sozialen Demokratie.

Ebert eröffnete am 5. Februar 1919 die verfassunggebende Nationalversammlung in Weimar und wurde wenige Tage später Reichspräsident. Er proklamierte die Abwendung von Militarismus, Machtpolitik und Obrigkeitsstaat und forderte in Anknüpfung an die Tradition von 1848 den demokratischen Volksstaat.

Diffamierungskampagne gegen Ebert


Ebert hatte als Reichspräsident existentielle Probleme zu lösen: Die Einheit des Reiches war gefährdet, Putschversuche von links und der Kapp-Lützwitz-Putsch von rechts drohten die junge Demokratie zu zerstören, das fragmentierte Parteiensystem war unfähig, stabile Regierungen zu bilden.

Ebert musste erleben, dass er von der politischen Rechten mit einer Diffamierungskampagne überzogen wurde, gegen die juristisch vorzugehen ihm und seinen Anwälten misslang. Dass man ihn - der Dolchstoßlegende folgend - als Landesverräter ungestraft denunzieren konnte, hat den Patrioten Friedrich Ebert tief getroffen und zu seinem frühen Tod erheblich beigetragen.

Friedrich Ebert ist eine bedeutende Gestalt der deutschen Demokratiegeschichte. Er verdient es, dass nicht nur die Sozialdemokratie, sondern alle Demokraten sich mit Respekt an ihn erinnern - den ersten demokratisch gewählten Präsidenten in Deutschland, der mit seiner ganzen Person für die erste deutsche Republik einstand. Aus der Geschichte Eberts und der Weimarer Republik lässt sich immer noch lernen.

Autor*in
Franz Müntefering

war SPD-Parteivorsitzender, Vizekanzler und Bundesarbeitsminister.

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