Kultur

In täglicher Gefahr

von Tassilo Oestmann · 2. November 2012

Drohungen und Gewalt gehören zu ihrem Alltag. Die Mitglieder der „Tribal Union of Journalists“ berichten aus den Stammesgebieten zwischen Afghanistan und Pakistan. Am Mittwochabend erhielt der pakistanische Journalistenverband den Menschenrechtspreis 2012 der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Der Preis wurde in diesem Jahr zum 19. Mal vergeben. Er ist mit 10.000 € dotiert und wird an Menschen und Organisationen verliehen, die sich besonders um die Menschenrechte in den verschiedenen Teilen der Welt verdient gemacht haben.

Die 250 Mitglieder der „Tribal Unios of Journalists“( TUJ) arbeiten im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet, oft unter Einsatz ihres Lebens. Seit dem Jahr 2000 sind in Pakistan 82 Journalisten getötet worden. 30 von ihnen kamen aus den Stammesgebieten, wo die TUJ aktiv ist. Die TUJ wurde 1987 gegründet und ist heute die nahezu einzige Informationsquelle für lokale und internationale Medien über das Grenzgebiet. Westliche Berichterstatter wagen sich schon lange nicht mehr in die halbautonomen Stammesgebiete, die als FATA (Federally Administered Tribal Areas) bezeichnet werden.

Gewalt und Terror

Die Aufgaben der TUJ sind vielfältig. Zum einen berichten ihre Reporter von den Kämpfen zwischen Militär, Islamisten und anderen Gruppierungen. Sie schildern das soziale Elend, die hohe Arbeitslosigkeit, die miserable Versorgung mit Wasser und Strom und die Vertreibung durch Gewalt und Terror. Zum anderen organisiert der Verband Sicherheitstrainings zum Schutz seiner Mitglieder und sorgt sich um die Hinterbliebenen von getöteten Journalisten. Vor allem macht die TUJ sich für die Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen bei der Regierung in Islamabad stark. Denn in den FATAs gelten andere Gesetze als im restlichen Pakistan und diese lassen keine freie Berichterstattung zu.

Bei einem Pressegespräch am Mittwochnachmittag berichtete Safdar Hayat Dawar, Vorsitzender der TUJ, von den Arbeitsbedingungen für ihn und seine Kollegen in den FATAs. Sie und ihre Familien erhielten regelmäßig Morddrohungen am Telefon, mit der Post oder per SMS. Aber sie würden sich nicht einschüchtern lassen und ihre Arbeit fortsetzen, betonte Dawar. 

Menschenrechtsfreie Zone

„Der Schlüssel zur Beilegung des Konflikts in Afghanistan liegt in Pakistan“ erörterte Peter Struck im Rahmen der Preisverleihung am Abend in der Friedrich-Ebert-Stiftung. Struck hat sich als ehemaliger Verteidigungsminister intensiv mit dem Thema auseinander gesetzt. Das afghanisch-pakistanische Grenzgebiet gehöre zum Rückzugsgebiet von Al-Quaida, den Taliban und anderen militanten Islamisten, führte Struck weiter aus. Es handle sich um eine menschrechtsfreie Zone und durch ihre Berichterstattung aus dieser unzugänglichen Bergregion leiste die TUJ einen „existenziellen Beitrag zur Etablierung der Menschenrechte“, begründete Struck die Preisverleihung an den Journalistenverband.

Dawar nahm stellvertretend für den Verband den Preis entgegen. In seiner Dankesrede machte er deutlich, dass es ihm darum geht, die Welt über die unsäglichen Zustände in den FATAs zu informieren. Eine freie Berichterstattung werde von verschiedenen Seiten, wie Militär und Islamisten, be- oder verhindert. Er beklagt, dass es keine staatlichen Institutionen gebe, an die man sich wenden kann. Aber die TUJ lasse sich nicht entmutigen. Der Preis habe für den Verband zwar auch einen materiellen, aber vielmehr einen ideellen Wert. Er sorge dafür, dass eine breite Öffentlichkeit auf die Arbeit der TUJ aufmerksam gemacht wird und von der Situation in den FATAs erfährt.

Autor*in
Tassilo Oestmann

war Praktikant beim vorwärts (2012).

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