Die „SPD International“ nimmt immer klarer Gestalt an. Nach der offiziellen Einrichtung auf dem Parteitag im Dezember fand Mitte Februar eine Klausur in London statt.
Seit knapp einem Jahr gibt es bereits eine strukturierte Zusammenarbeit der Auslandsgruppen der SPD – allerdings nur über das Internet. Um dem Parteivorstand einen Vorschlag zur zukünftigen Struktur und Arbeitsweise zu unterbreiten, fand in London vom 10. bis 12. Februar erstmals ein Treffen von Angesicht zu Angesicht statt. Die Arbeitstagung bot damit die Möglichkeit, erstmal nach zehn Monaten elektronischer Arbeit andere „Mitstreiter“ der SPD International persönlich kennenzulernen.
Olaf Scholz erinnerte mit seinem Grußwort an die Londoner Konferenz daran, dass sich die Sozialdemokratie immer als Teil einer internationalen Idee verstanden und diese auch gelebt habe. Der Erste Bürgermeister von Hamburg, von der SPD International mit dem Ehrentitel „Tor zur Welt in Person“ versehen, hat als stellvertretender Parteivorsitzender seit einigen Wochen die Zuständigkeit für die SPD International übernommen – „mit großer Freude“ wie er versicherte.
31 Vorschläge für die Zukunft
Aus Brüssel, Cambridge, Genf, London, Luxemburg, Oxford und Paris waren jeweils bis zu vier Genossinnen und Genossen in die britische Hauptstadt gereist. Elektronisch zugeschaltet waren zudem die Gruppen aus Rumänien, New York und Oslo. Darüber hinaus waren die Vorschläge schon vorher elektronisch an alle Auslandsgruppen – von New York über Pretoria bis Peking – verteilt und von diesen kommentiert worden.
Ergebnis der intensiven und konstruktiven Arbeit von drei Tagen ist ein Abschlussdokument mit 31 konkreten Vorschlägen, die nach der Klausurtagung allen Auslandsgruppen zur Abstimmung vorgelegt worden sind.
Die Vorschläge umfassen u.a.:
- Die Gründung der SPD International wird im Rahmen des geltenden SPD-Statuts und im Rahmen des geltenden deutschen Parteienrechts realisiert.
- Die Schaffung einer Organisationseinheit für alle SPD-Mitglieder im Ausland, die ihren Sitz beim Parteivorstand hat und dort verwaltungstechnisch geführt wird.
- Die Bildung neuer Ortsvereine im Ausland kann durch jeweils fünf im Einzugsbereich lebende Mitglieder beantragt werden.
- Um den räumlichen Entfernungen Rechnung zu tragen, werden die Möglichkeit der Teilnahme an den Konferenzen und die Möglichkeit zur Teilnahme an den Abstimmungen und Wahlen auf sicherem elektronischem Weg gewährleistet.
- Die Delegierten der Delegiertenkonferenz der SPD International wählen drei Delegierte für den Bundesparteitag und einen Delegierten für den Parteikonvent.
- Jedem Ortsverein in der SPD International steht ein Delegierter für die Konferenz der SPD International zu. Bei mehr als 20 Mitgliedern erhalten die Ortsvereine pro angefangene 50 Mitglieder einen weiteren Delegierten.
- Für die Mitglieder von SPD International, die keine Abbuchungsmöglichkeit von einem deutschen Konto anbieten können, wird die spezielle Möglichkeit geschaffen, ihre Beiträge halbjährlich oder jährlich per Kreditkarte zu bezahlen. Bislang sind die zum Teil immensen Überweisungskosten ein Hindernis, die Beiträge der SPD zukommen zu lassen.
- Es wird eine gemeinsame Internetplattform für die interne und öffentliche Kommunikation geschaffen.
- Bis zur Wahl eines Vorstandes für die SPD International ist ein neunköpfiges Gremium zur Vertretung der SPD Mitglieder im Ausland bestimmt worden. Als Koordinator wurde Martin Nissen bestätigt. Um seinen Umzug von Paris nach Mexiko zu erleichtern, wurde mit Jean-Michel Rousseau ein zweiter Koordinator gewählt. Der 30-jährige Entwicklungsexperte hat wie viele Mitglieder der SPD International die doppelte Staatsangehörigkeit und damit einen deutschen und einen französischen Pass. Er ist aktives Mitglied der SPD Genf und seit Beginn einer der Pioniere von SPD International.
Hilfe für die Schwesterpartei
Am ersten Abend fand ein Empfang mit über 70 Teilnehmern in der Residenz des deutschen Botschafters in Großbritannien statt, an dem auch Labour-Abgeordnete und ehemalige Minister sowie Vertreter deutscher Institutionen und anderer Parteien teilnahmen. Mit einer engagierten Rede, in der er die grundsätzliche Bedeutung der Gründung von SPD International für die demokratische Mitwirkung am politischen Leben in Deutschland auch über die SPD hinaus unterstrich, legte Botschafter Georg Boomgaarden die Grundlage für spannende Gespräche über die politischen Entwicklungen in Deutschland, Großbritannien und Europa.
Johannes Busse als Vorsitzender der Londoner SPD war in seiner Begrüßungsrede der Stolz seiner Sozis anzumerken, dass London als Ausrichtungsort der ersten Konferenz der SPD International ausgewählt worden war. Er zeigte sich beeindruckt über die große Bereitschaft aller Teilnehmer, gemeinsame Positionen zu finden und regionale Interessen zu Gunsten einer vernünftigen Gesamtstruktur zurückzustellen.
Die Arbeitstagung fand im Haus des Londoner Ortsvereins Tower Hamlets der Labour Party statt. Der Samstagabend war dann als Dank für die Gastfreundschaft der britischen Schwesterpartei der Verteilung von Wahlkampfmaterial gewidmet. Im Mai finden in London Bürgermeisterwahlen statt, zu denen erneut der ehemalige Bürgermeister Ken Livingstone („Der rote Ken“) für Labour antritt. So gewannen die Konferenzteilnehmer einen guten Einblick in die Sozialstruktur dieses Stadtteils. Die Reaktionen der Bürger vor Ort ließen auf einen Wahlerfolg von Labour hoffen.