Die neue Vorsitzende der Jungsozialisten Johanna Uekermann ist eine Kämpfernatur. In Niederbayern hat die 26-jährige Politologin gelernt, wie man auch bei Gegenwind standhaft bleibt.

Anfang des Jahres hat der „Spiegel“ Porträts derjenigen Politikerinnen und Politiker veröffentlicht, die nach Ansicht des Nachrichtenmagazins 2014 wichtig sind. Mit dabei und zugleich die jüngste der Porträtierten: die 26-jährige Johanna Uekermann. Im Dezember ist die Niederbayerin zur neuen Vorsitzenden der Jungsozialisten gewählt worden. Bereits seit zwei Jahren ist Uekermann im Bundesvorstand der SPD-Nachwuchsorganisation aktiv, die Wahl zur Chefin der 70 000 Mitglieder hat ihr Leben dennoch „noch einmal richtig auf den Kopf gestellt.“

Ändern wird sich etwa ihr Wohnort: Weil sie nach ihrem Studium ein Praktikum in Berlin absolvierte, hat die Politikwissenschaftlerin bereits für einige Monate hier gelebt. Jetzt wird sie ihren Lebensmittelpunkt noch stärker vom niederbayerischen Straubing in die acht Zugstunden entfernte Bundeshauptstadt verlegen. „An erster Stelle steht für mich in den nächsten zwei Jahren, die Jusos als Verband voranzubringen.“ Dafür braucht es nach Ansicht Uekermanns neben einer präsenten Vorsitzenden vor allem eine Weiterentwicklung der Ideen und Ziele. „Ich möchte, dass wir eine wahrnehmbare Stimme innerhalb der Partei sind. Dass wir unsere Positionen in der SPD unterbringen und gemeinsam in der SPD an ihnen arbeiten, damit wir uns dort auch wiederfinden.“

Dass sich die Positionen des Jugendverbandes dabei auch durchaus mal von denen der Partei unterscheiden können, hat sich etwa beim Mitgliedervotum der SPD gezeigt . Weil die Jusos sich mit ihren politischen Forderungen, wie etwa nach einer Bafög-Reform, nicht im Koalitionsvertrag wiederfanden, hatten sie sich gegen eine große Koalition ausgesprochen (Interview mit Johanna Uekermann). Auch wenn das Votum anders ausfiel, als es sich Uekermann und viele Jungsozialistinnen gewünscht hätten, werden sich die Jusos jetzt nicht „in eine Schmollecke zurückziehen.“

Kontrapunkt zur Parteispitze 

„Ich finde es nach wie vor gut, dass wir der Kontrapunkt waren und den Leuten eine Plattform gegeben haben, ihre Kritik auch zu äußern. Dass das aber teilweise so hochstilisiert wird, als seien wir die Opposition in der Partei, das ist Quatsch.“ Politik sei eben nicht nur Kuschelkurs, sondern auch hartes Geschäft.

Eine Kämpfernatur attestiert ihr der Juso-Bezirksvorsitzende Niederbayerns Florian Huber: „Gerade in Niederbayern braucht man als Jungsozialist oftmals ein dickes Fell. Da hat man mit Johanna genau die richtige Kämpferin an der Seite. Ich kenne sie als geradlinige Genossin, die sich stets für die Perspektiven junger Menschen einsetzt.“ Mit Auseinandersetzungen habe sie gelernt umzugehen, sagt Uekermann. „Total ärgern“ kann sie sich über den politischen Betrieb aber manchmal trotzdem.

Etwa wenn die Rentenpläne von Bundesarbeitsministerin Nahles als Generationenkonflikt ausgelegt werden. Bloß weil die Jusos ein Jugendverband seien, bedeute dies nicht, dass sie nur für die junge Generation kämpften. „Es gibt ärmere junge und ärmere ältere Menschen und für beide Gruppen möchte ich Politik machen. Und nicht für die jungen reichen Erben. Obwohl die meiner Generation entstammen, haben wir nicht unbedingt so viel gemeinsam.“

15 Jahre war Uekermann alt, als sie in die SPD eintrat. Ihre Eltern, zwei Lehrer, sind beide Mitglieder, ebenso ihre jüngere Schwester. Zuhause wurde viel über Politik gesprochen, in der Schulklasse sei sie damit relativ allein gewesen. So richtig politisiert habe sie dann der Kampf gegen Studiengebühren und die Schulzeitverkürzung G8. „Die Jusos und die SPD waren diejenigen, die was gemacht haben, gegen die Bildungsungerechtigkeit. Von da an war ich Feuer und Flamme.“ 

»Zufrieden bin ich selten«

Vor mehreren Jahren ist die Juso-Vorsitzende mit der Friedrich-Ebert-Stiftung auf die Philippinen gereist. Dort hat sie auch ein Elendsviertel gesehen. Ein einschneidendes Erlebnis, das sie geprägt hat. Solidarität ist ein wichtiger Begriff für sie, immer wieder tauchte er in ihrer Rede für die Kandidatur des Juso-Vorsitzes auf (zum Bericht). Darüber wie man Solidarität heute definiert, will sie mit den Jusos – nicht nur im kommenden Europawahlkampf – diskutieren und über die Situation von Frauen in der SPD. Schließlich habe sie selbst erlebt, was es bedeute, als junge Frau in männlich geprägten Ortsvereinen mit Vorurteilen konfrontiert zu werden.

Studentische Frauenbeauftragte an der Würzburger Uni war sie, im Förderverein des Willy Brandt Centers Jerusalem ist Uekermann ebenso Mitglied, wie in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Es gibt ihr Energie, so viel zu machen, sagt sie. „Zufrieden bin ich selten.“ Dafür gäbe es immer noch zu viele Sachen, die zu verändern seien und die sie noch anpacken wolle. In den nächsten zwei Jahren als Juso-Vorsitzende hat sie die Gelegenheit dazu.

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Autor*in
Sarah Schönewolf
Sarah Schönewolf

ist Diplom-Politologin und Redakteurin des vorwärts.

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