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Türkische Regierungspartei AKP gewinnt Kommunalwahl

von Mirjam Schmitt · 31. März 2014

Korruptionsskandal, Twitterverbot und Zensur – das alles konnte Ministerpräsident Erdogans AK-Partei nichts anhaben. Sie gewann die Kommunalwahlen in der Türkei deutlich. Die Polarisierung der Gesellschaft geht weiter.

Es waren noch lange nicht alle Stimmen ausgezählt, da präsentierte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan die Wahl als einen „großen Sieg“ und sich als starker Mann der Türkei. In der Nacht zum Montag hielt Erdoğan eine Rede vor der Parteizentrale in Ankara und ließ sich vor tausenden Anhängern feiern.

Die konservativ-islamische AKP hat die Kommunalwahlen mit deutlicher Mehrheit gewonnen. Ein offizielles Endergebnis liegt noch nicht vor. Nach Auszählung von fast 95 Prozent der Stimmen erhält die AKP, laut der Zeitung Hürriyt, knapp 44 Prozent der Stimmen. Bei der Kommunalwahl 2009 waren es 38,8 Prozent. Die größte Oppositionspartei CHP erhielt nach aktuellem Stand knapp 29 Prozent der Stimmen und die rechtsnationalistische MHP knapp 16 Prozent.

Unregelmäßigkeiten nicht ausgeschlossen 

Der Wahlabend verlief angespannt und teilweise chaotisch. Acht Menschen wurden bei einer Schießerei in den südlichen Provinzen Hatay und Şanlıurfa getötet. In mehreren Stadtbezirken viel plötzlich der Strom aus, wie auch schon bei den Kommunalwahlen 2009. Unter anderem im Istanbuler Viertel Bakırköy, in Gaziantep und in der Studentenstadt Eskişehir. Der Bürgermeister von Eskişehir Yılmaz Büyükerşen (CHP) sagte türkischen Medien, durch den Stromausfall hätte ein Teil der Stimmen nicht registriert werden können. Eine Person hätte außerdem versucht, die Wahlurne zu stehlen. Auf Twitter kursieren Bilder von Stimmauszählungen bei Kerzenschein. Die Bürgerinitiative „Oy ve Ötesi“ kündigte an, die Unregelmäßigkeiten möglichst genau auf ihrer Website zu dokumentieren.

Ebenfalls chaotisch und beispielhaft für die Nervosität der Politiker war das Verhalten der Kandidaten: Als gerade mal zehn Prozent der Stimmen ausgezählt waren, ernannte sich sowohl der amtierende Bürgermeister von Ankara Melih Gökçek als Sieger, als auch sein Herausforderer von der CHP Mansur Yavaş. Zurzeit sieht es so aus, als würde Gökçek mit einem hauchdünnen Vorsprung Bürgermeister von Ankara bleiben.

Twitter und Youtube bleiben weiter gesperrt

Es war nur eine Kommunalwahl. Doch Ministerpräsident Erdoğan hatte die Wahl zum Votum über seinen Regierungsstil ausgerufen. Nach den Gezi-Protesten und dem Korruptionsskandal, der im Dezember bekannt wurde, war es der erste Stimmungstest in der türkischen Bevölkerung. Seit Dezember liefert sich Erdoğan zudem einen Machtkampf mit der Gülen-Bewegung. Er macht die Bewegung um den in Pennsylvania lebenden Imam Fethullah Gülen für die Telefonmitschnitte verantwortlich, die fast täglich auf Youtube veröffentlicht und über Twitter verbreitet werden. Sie sollen beweisen, dass Erdoğan und seine Familie tief in Korruption verwickelt sind. Der Ministerpräsident ließ daraufhin kurzerhand Twitter sperren. Ein Gericht hat inzwischen gefordert, die Twittersperre wieder aufzuheben, da sie gesetzeswidrig sei, doch noch immer ist der Dienst nicht zugänglich.

Die Sperrung von Youtube folgte nach einem besonders heiklen Gespräch über Syrien, das Unbekannte ins Internet stellten. Auf der Aufnahme  sprechen angeblich Außenminister Davutoğlu, Geheimdienstchef Hakan Fidan, der stellvertretende türkische Generalstabschef Yaşar Güler und der Staatssekretär Feridun Sinirlioğlu über eine mögliche Intervention in Syrien.

Erdogan droht seinen Gegnern

Nun, da die AKP gestärkt aus den Wahlen hervorgegangen ist, muss ein Teil der Bevölkerung mit weiteren Repressalien und Zensur rechnen. Erdoğan hatte bei dieser Wahl das Ziel für seine AKP vorgegeben: Mindestens vierzig Prozent wollte sie erreichen. Das hat die Regierungspartei geschafft und für Erdoğan ist ebenfalls symbolisch wichtig, dass die AKP stärkste Kraft in Istanbul geblieben ist. Der Herausforderer Mustafa Sarıgül von der CHP unterlag dem amtierenden Bürgermeister Kadir Topbaş nur knapp.

Die größte Oppositionspartei CHP hat es nicht geschafft die Wähler davon zu überzeugen, dass sie die richtige Alternative zur AKP sind. Erdoğan persönlich geht dagegen gestärkt aus der Wahl hervor. Er wird vermutlich für die Präsidentschaftswahl im August kandidieren, oder aber die parteiinternen Regeln ändern und zum vierten Mal als Ministerpräsident im nächsten Jahr antreten.

Dass der türkische Ministerpräsident weiter auf Konfrontation setzen wird, daran ließ er keinen Zweifel. An seine Gegner gerichtet kündigte er am Montagabend an: "Ab morgen gibt es vielleicht Leute, die flüchten werden!" Man werde die Reihen der Feinde durchringen. Die Kommunalwahlen haben keine Ruhe in den politischen Alltag gebracht und die türkische Gesellschaft bleibt gespalten.

Autor*in
Mirjam Schmitt

Mirjam Schmitt ist freie Autorin.

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