Inland

Steuerschuld wächst auf 27,2 Millionen Euro

von Yvonne Holl · 11. März 2014

Empört und erschüttert: So reagierten Beobachter auf die Entwicklungen im Fall Hoeneß. Am Ende des zweiten Verhandlungstages wuchs die ohnehin immense Summe, die Hoeneß hinterzogen haben soll, gar auf 27,2 Millionen Euro an.

Die Rechnung sieht so aus: Zu den 3,5 Millionen Euro, die sich aus der ursprünglichen Anklage ergeben kommen noch einmal 27,2 Millionen Euro nicht gezahlte Steuern. Diese ergeben sich aus den Unterlagen, die Hoeneß vor rund zwei Wochen nachgereicht hat und die hochspekulative Börsengeschäfte betreffen. Dies sagte eine Steuerfahnderin am Dienstagnachmittag aus.

Ob vor diesem Hintergrund die Selbstanzeige des FC-Bayern-Präsidenten ihm noch nützt, ist fraglich.  Eine Verlängerung des Prozesses wird jedenfalls immer wahrscheinlicher.

Die „noch einmal vervielfachte Summe macht einen fassungslos“, äußerte sich der nordrheinwestfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans. Er forderte, beim Strafmaß dürfe „die Prominenz keine Rolle spielen“. Borjans tritt seit längerem für eine Verschärfung der Regeln zur Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung ein (der vorwärts berichtete). „Steuerhinterziehung ist kriminell und muss bestraft werden“, äußerte sich Juso-Chefin Johanna Uekermann im Handelsblatt. Hoeneß müsse als Präsident des FC Bayern München zurücktreten.

An der Nase herumgeführt?

„Ich bin erschüttert über dieses Ausmaß von Steuerhinterziehung und auch darüber, dass Uli Hoeneß offenbar die Staatsanwaltschaft und die Finanzbehörden ein Jahr an der Nase herumgeführt hat“, sagte der Bundesvorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler. Für ihn sei „das Thema Selbstanzeige damit vom Tisch“.

Im Gerichtssaal des Münchner Landgerichts klang das am zweiten Prozesstag allerdings nicht so eindeutig. Die bislang vierte Zeugin, eine Steuerfahnderin aus Rosenheim, wurde zu den Unterlagen befragt, die Hoeneß im Laufe der Jahre abgegeben hatte. Insbesondere ging es um den Abgleich der Steuererklärungen der Jahre 2003 bis 2009 mit den nach der Selbstanzeige eingereichten Unterlagen.

50.000 Seiten

Im Vergleich zum Vortag, an dem es einzelne emotionale Momente gegeben hatte, war die Stimmung im Gerichtsaal diesmal sehr sachlich. Laut der Zeugin erfolgte die Übergabe der Unterlagen durch Hoeneß in mehreren Etappen. Bis vor zwei Wochen ergab das Material hinterzogene Steuern in Höhe von jährlich 134.000 bis zu einer Million Euro. Insgesamt 3,5 Millionen Euro. Diese Summe entspricht auch den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft.

Vor rund zwei Wochen übergab Hoeneß dann aber weiteres Material – 55.000 Seiten verteilt auf drei USB-Sticks.  Die Schweizer Bank, bei der Hoeneß seine Konten hatte, habe eine Jahr gebraucht, die Daten so aufzubereiten, dass sie an die deutschen Behörden weitergegeben werden konnten. Laut IT-Spezialisten der hiesigen Finanzbehörden wurden die Daten tatsächlich erst 2014 auf die Sticks überspielt. Die entscheidenden Dateien haben allerdings als Erstellungsdatum den 18. Januar 2013. Spekulationen über eine absichtliche Verzögerung der Daten durch den Angeklagten konnten nicht bestätigt werden.

Urteil am Donnerstag fraglich

Die Zeitangaben sind hochrelevant für den Ausgang des Prozesses. Denn Selbstanzeigen führen in der Regel dazu, dass Steuersünder keine Haftstrafen fürchten müssen. Allerdings nur, wenn sie vor Beginn von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und vollständig erfolgt sind. Beides ist in diesem Fall unklar.

Am morgigen Mittwoch soll ein weiterer Zeuge befragt werden, ein Betriebsprüfer, der Hoeneß` Geschäftsunterlagen regelmäßig überprüft hat. Als Einkommensmillionär, der jährlich mehrere Millionen Euro zu versteuern hat, wird Hoeneß jedes Jahr überprüft.

Allein wegen der gewaltigen Menge an Unterlagen und den vielen Fragen, die das überraschende Geständnis von Hoeneß am Montag aufgeworfen hat, gehen Prozessbeobachter von einer Verlängerung aus. Ursprünglich wollte das Gericht bereits diesen Donnerstag zum Urteil kommen.

Autor*in
Yvonne Holl

ist Redakteurin für Politik und Wirtschaft.

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