„Selbstverständlich kommt Snowden als Zeuge in Betracht“
Einstimmig hat der Bundestag am Donnerstag einen Untersuchungsausschuss eingesetzt, der sich mit dem NSA-Spähskandal befassen soll. Christian Flisek ist der Obmann der SPD-Fraktion in diesem Gremium. Was es leisten soll, erklärt er im Interview mit vorwärts.de.
vorwärts.de: Was sind die konkreten Aufgaben des NSA-Untersuchungsausschusses?
Christian Flisek: Die zentrale Aufgabe dieses Untersuchungsausschusses wird es sein, vorbehaltlos aufzuklären, inwieweit unsere Dienste und unsere Bundesregierung an derartigen Aktivitäten beteiligt waren, diese unterstützt oder davon rechtswidrig profitiert haben. Wenn hier die notwendige Zusammenarbeit mit anderen Staaten derart instrumentalisiert worden sein sollte, dass deutsche Rechtsvorschriften systematisch umgangen wurden, dann muss dem umgehend ein Riegel vorgeschoben werden.
Geheimdienste wie die NSA arbeiten, wie der Name es schon sagt, geheim. Über ihre Überwachungsaktivitäten wissen wir bisher nur das, was den von Edward Snowden veröffentlichten Dokumenten zu entnehmen ist. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Ausschuss dennoch Neues zutage fördert?
Der Ausschuss wird alle zugänglichen Beweismittel nutzen, um die Fragen des Einsetzungsantrages richtig und vollständig zu beantworten. Ich bin mir sicher, dass wir so die vorhandenen Missstände aufklären werden. Und natürlich werden wir bei neuen Enthüllungen im Untersuchungsausschuss auch entsprechend reagieren und gegebenenfalls den Untersuchungsauftrag auch erweitern.
Wird der Ausschuss Edward Snowden befragen?
Selbstverständlich kommt auch Edward Snowden als Zeuge im Ausschuss in Betracht. Sein Name findet sich ja sogar in unserem Antragstext. Auch ich persönlich habe ein großes Interesse daran, ihn zu Einzelheiten seiner teilweise sehr kryptischen öffentlichen Aussagen in Fernsehinterviews oder zu seinen schriftlichen Einlassungen gegenüber dem Europäischen Parlament zu befragen. In welcher Art und Weise eine Vernehmung von Herrn Snowden dann tatsächlich erfolgen kann, muss im Ausschuss geklärt werden. Da ist Vieles vorstellbar.
Im Wahlkampf war der NSA-Skandal Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Opposition. Rechnen Sie dennoch mit einer guten Zusammenarbeit der verschiedenen Parteien im Ausschuss?
Wir alle wollen Antworten auf die drängenden Fragen zu Umfang und Ausmaß der Aktivitäten der US-amerikanischen und britischen Nachrichtendienste und die dadurch verursachten Verletzungen der Grundrechte unserer Bürgerinnen und Bürger.
Ich freue mich deshalb sehr darüber, dass es gelungen ist, einen gemeinsamen Untersuchungsauftrag zu erarbeiten. Ich hoffe sehr, dass sich diese Einigkeit auch im tatsächlichen Verlauf der Arbeit des Ausschusses fortsetzen wird. Ich werde jedenfalls dafür energisch eintreten, weil ich davon überzeugt bin, dass die Aufklärung besser gelingen wird, wenn wir alle am gleichen Strang ziehen.
Sie sind 2013 zum ersten Mal in den Bundestag gewählt worden und übernehmen als Obmann der SPD für den NSA-Ausschuss gleich eine wichtige Rolle. Wie wollen Sie diese ausfüllen, und welche Erfahrungen bringen Sie in die Arbeit ein?
Ich habe mich als Rechtsanwalt und in meiner wissenschaftlichen Tätigkeit in der Vergangenheit intensiv mit den Fragen der Netzpolitik und IT-Sicherheit beschäftigt. Ich bin überzeugt, dass mir das bei der Arbeit als SPD Obmann sehr helfen wird. Dass ich als Parlamentsneuling gleich diese Aufgabe übertragen bekomme, ist ein großer Vertrauensvorschuss.
Für mich hat aber gerade der NSU-Untersuchungsausschuss in der letzten Wahlperiode gezeigt, was das Parlament alles erreichen kann, wenn die Fraktionen gemeinsam vorgehen und die parlamentarische Kontrolle nicht im parteipolitischen Klein-Klein verwässern.
arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.