Die Einführung der doppelten Staatbürgerschaft ist eins der zentralen Versprechen der SPD. Drei Bundesländer machen nun Druck. Am 14. März wollen sie einen Gesetzentwurf in den Bundesrat einbringen. Baden-Württembergs Integrationsministerin Bilkay Öney sagt warum.
vorwärts.de: Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat vor wenigen Tagen einen ersten Entwurf zur Optionspflicht bei der doppelten Staatsbürgerschaft vorgelegt. Sind Sie damit zufrieden?
Bilkay Öney: Nein, mit dem ersten Entwurf bin ich noch nicht zufrieden. Aus unserer Sicht besteht Verbesserungsbedarf. Wir wollen eine gerechte, einfache und klare Lösung. Und die heißt: Abschaffung der Optionsregelung.
De Maiziere selbst sagt, er setze nur „wortgetreu“ um, was CDU, SPD und CSU im Koalitionsvertrag vereinbart hätten.
Auslöser für diesen Punkt im Koalitionsvertrag war die jahrelange Kritik an der Optionsregelung. Sie wurde weithin als rechtstechnische und bürokratische Fehlkonstruktion empfunden. Im Vordergrund muss deshalb die Beseitigung dieser Reglung stehen. Dem entspricht meines Erachtens auch die klare Intention des Koalitionsvertrags.
Gemeinsam mit Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz fordert Ihr Bundesland Baden-Württemberg nun genau das: die Abschaffung der Optionspflicht und ein Gesetz, nach dem alle in Deutschland geborenen Kinder zwei Staatsbürgerschaften behalten dürfen – egal, wo sie aufwachsen. Warum?
Es geht uns um eine klare und praktikable Lösung, die keine neue Bürokratie erzeugt. Das ist am besten mit einer vollständigen Abschaffung der Optionsregelung hinzubekommen. Nach jetzigem Stand müssen die Behörden mindestens drei Stichtage beachten und Maßnahmen dazu einleiten, nämlich wenn die Betroffenen 18 Jahre alt werden, bevor sie 21 werden - bis dahin muss die Beibehaltungsgenehmigung beantragt worden sein - und wenn sie 23 Jahre alt werden. Spätestens dann müssen sie sich für einen Pass entschieden haben. Nach dem Entwurf des Bundesinnenministeriums würden die Betroffenen nun in drei Klassen gegliedert: erstens EU-Bürger, zweitens Nicht-EU-Bürger, die hier geboren und überwiegend aufgewachsen sind oder einen deutschen Schulabschluss haben, und drittens Nicht-EU-Bürger, die hier geboren, aber weder hier überwiegend aufgewachsen sind noch einen deutschen Schulabschluss haben. Muss das sein?
Nach Ansicht von CDU und CSU offenbar ja. Von beiden kommt scharfe Kritik. Sie werfen der SPD „Trickserei“ vor. Können Sie die Aufregung verstehen?
Die Union sollte aufhören, eigene Gedanken in andere zu projizieren. Die Länder haben nicht nur das Recht, eigene Initiativen zu starten und in den Bundesrat einzubringen, sie müssen im Interesse der Länder und Kommunen mitdenken. Gerade wenn wir massiv betroffen sind wie im Fall der Optionsregelung. Wir wollen neuen Rechtsstreit, menschliche Härten und bürokratischen Aufwand vermeiden. Deshalb die Initiative.
Im vergangenen Sommer hat die rot-grüne Bundesratsmehrheit schon einmal eine Gesetzesinitiative zur vollständigen Abschaffung des Optionsmodells beschlossen. Wegen der Bundestagswahl kam es nicht mehr zu Umsetzung. Wie schätzen Sie die Chancen auf einen Erfolg Ihrer jetzigen Initiative ein?
Unser Vorschlag bzw. Antrag liegt vor und wird zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen. Der Bundesminister des Inneren hat bereits Gesprächsbereitschaft signalisiert. Wir werden sehen, wer sich wie positioniert und aus welchem Grund.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.