Inland

Nachsitzen in Integrationspolitik

von Hubertus Sanner · 19. September 2014

Heute stellte der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration sein fünftes Jahresgutachten vor. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick.

Gerhard Schröders Einführung der Greencard für IT-Fachkräfte im Jahr 2000 gilt als eine Zäsur in der deutschen Einwanderungspolitik. Die daraufhin einberufene Süssmuth-Kommission stellte fest, dass eine Zuwanderung aus wirtschaftlichen und demografischen Gründen notwendig ist. Seitdem hat sich in Deutschland viel getan. Integrations- und Migrationspolitik ist zu einem zentralen Zukunftsthema geworden.

So hat sich im Jahr 2009 der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) gegründet, weil es an einer analytischen und bewertenden Politikberatung im integrations- und migrationspolitischen Bereich fehlte. Dieser Aufgabe kommt der SVR mit jährlichen Gutachten nach. In dem heute vorgestellten Gutachten blickt der SVR auf die vergangenen fünf Jahre zurück und untersucht Deutschlands Wandel zum Einwanderungsland.

Vom Außenseiter zum Musterschüler

Laut dem Gutachten wurden in der Arbeitsmigrationspolitik Fortschritte erzielt. „Deutschland hat sich hier vom ‚Außenseiter’ zum ‚Musterschüler’ entwickelt: Die gesetzlichen Zuzugsmöglichkeiten für Fachkräfte und Hochqualifizierte sind 2012 weitgehend gelockert worden und gehören nun zu den liberalsten in den westlichen Industriestaaten“, sagte Prof. Dr. Christine Langenfeld, Vorsitzende des SVR. Neben diesem Fortschritt in einem Teilbereich der Migrationspolitik fehlt es laut SVR in Deutschland noch an einer Gesamtstrategie. Eine solche ganzheitliche Migrationspolitik müsse zukünftige Entwicklungen in den Bereichen Demografie, Ökonomie und Soziales  ebenso berücksichtigen wie die Motive für Migration. Die Neuerungen in der deutschen Migrationspolitik müssten auch verstärkt kommuniziert werden, da sie im Ausland noch viel zu unbekannt sind, so Langenfeld.

Leistungsrückstände bei Schülern mit Migrationshintergrund

Im Bereich der Integrationspolitik sieht der SVR noch einige Baustellen und verpasste Chancen. Insbesondere bei der Bildungsintegration bestehe politischer Handlungsbedarf. Den Experten des SVR zufolge, zeigen Schüler mit Migrationshintergrund deutliche Leistungsrückstände im Vergleich zu ihren Mitschülern. Daher empfiehlt der SVR, Lehrer besser auf den Umgang mit einer heterogenen Schülerschaft vorzubereiten. Darüber hinaus müssten Ganztagsangebote an Schule ausgebaut und die Sprachförderung an Kitas und Schulen besser aufeinander abgestimmt werden.

Verpasste Chance bei doppelter Staatsangehörigkeit

Eine verpasste Chance sieht der SVR in dem kürzlich verabschiedeten Kompromiss zum Staatsangehörigkeitsrecht. Die doppelte Staatsangehörigkeit bleibt Zuwanderern verwehrt und gilt nur für in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder von Migranten. Die integrationspolitischen Experten des SVR schlagen eine doppelte Staatsangehörigkeit mit Generationenschnitt“ vor. Der Vorschlag sieht vor, die Optionspflicht abzuschaffen, die doppelte Staatsangehörigkeit bei Einbürgerungen zu ermöglichen und die zeitlich unbegrenzte „Vererbung“ der Staatsangehörigkeit des Herkunftslandes zu verhindern. „Die Koalitionspartner sollten noch in dieser Legislaturperiode die Kraft zu einer umfassenden Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts aufbringen“, empfahl Langenfeld.

Autor*in
Hubertus Sanner

ist Volontär in der SPD-Landtagsfraktion Rheinland-Pfalz und absolviert zurzeit ein Praktikum beim vorwärts (2014).

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