In Hannover wird Zusammenarbeit groß geschrieben. Die Ortsvereine List-Nord und -Süd sind unterschiedlich, arbeiten aber eng zusammen. Damit helfen sie der Jugend im Stadtteil – und der SPD in Niedersachsen.
Als das „Monster“ ins Wasser gleitet, ist die Wette entschieden. Zehn Minuten und ein paar kräftige Paddelschläge auf dem Mittellandkanal später ist das Ergebnis dann auch offiziell. „Wir stellen fest: Es ist nur hauchdünn Eis auf dem Wasser“, sagt Stefan Schostok, als er aus dem Kanu steigt. Schostok ist Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag von Niedersachsen und in diesem Jahr offizieller Pate der „Eiswette“.
„Die Frage ist, ob der Mittellandkanal an einem bestimmten Datum so zugefroren ist, dass man zu Fuß auf die andere Seite gelangen kann“, erklärt Peggy Keller das Konzept. Sie ist Vorsitzende des Ortsvereins List-Nord. „Wir haben die Eiswette gemeinsam im Landtagswahlkampf 2008 geboren“, ergänzt Werner Könecke vom OV List-Süd. An diesem ersten Sonntag des neuen Jahres findet sie bereits zum fünften Mal statt. Und da das Thermometer sechs Grad anzeigt, hat auch vor der Erkundungsfahrt mit dem Kanu keiner der 200 Menschen, die sich auf dem Gelände der Kanu-Gemeinschaft List in Hannover drängen, mit einem anderen Ausgang gerechnet.
Geld für Jugendarbeit
Vorbild sei die Bremer Eiswette gewesen, erklären Keller und Könecke. In der Hansestadt wird seit 1829 am Dreikönigstag geprüft, ob die Weser „geht oder steht“. Auf solch eine lange Tradition können sie in Hannover noch nicht zurückblicken. „Wir haben uns beim Start vier Jahre gegeben, um zu sehen, ob die Idee ankommt“, blickt Könecke zurück. „Inzwischen werden wir von Jahr zu Jahr erfolgreicher.“ So ist nicht nur die Zahl der ausrichtenden Ortsvereine von zwei auf sechs gestiegen, auch das Geld, das die Genossen mit dem Verkauf von Wettscheinen einnehmen, wird jährlich mehr.
„Dieses Jahr stellen wir mit 2200 Euro einen neuen Rekord auf. Das Geld behalten wir aber natürlich nicht selbst“, erklärt Peggy Keller. Und so dürfen sich, kurz nachdem die Besatzung des Monsters von ihrer Probefahrt zurück ist, drei Jugendprojekte über einen Scheck freuen. Sieben hatten sich um eine Unterstützung beworben. „Diesmal ist uns die Auswahl besonders schwer gefallen“, sagt Keller. Mittlerweile hat sich in Hannover herumgesprochen, dass die Genossen Jugendarbeit unterstützen.
Gemeinsam gegen Widerstände
Und auch sonst sorgen die Genossen dafür, dass sie im Gespräch bleiben. So luden sie im vergangenen September zum öffentlichen Bürgerfrühstück auf der Lister Meile ein, einer knapp eineinhalb Kilometer langen Einkaufsstraße in Hannover. „Die Menschen konnten sich mit unseren Ratsmitgliedern unterhalten, auch Oberbürgermeister Stephan Weil war dabei“, erzählt Werner Könecke. Wie bei der Eiswette zogen die beiden Ortsvereine auch hier an einem Strang. „Wo es möglich ist, versuchen wir, zusammenzuarbeiten“, sagt Könecke.
Zwar sind beide Ortsvereine nicht gerade klein – List-Süd hat 280 Mitglieder, List-Nord 170, doch der Kreis der Aktiven sei bei beiden überschaubar. „Am Anfang gab es Vorbehalte“, gibt Peggy Keller zu. „Bei uns sind eher die Arbeiter, während List-Süd den Ruf eines Akademiker-OV hat.“ Aber über die gemeinsamen Aktionen habe man sich kennen- und schätzen gelernt. Klar, dass sie sich mit der Eiswette auch gemeinsam um den Dröscher-Preis bewarben und auf dem Parteitag im Dezember einen Stand hatten. „Wir sind schließlich eine sozialdemokratische Familie“, sagt Peggy Keller.
Dass dieser Kurs erfolgreich ist, legt auch das Ergebnis der Kommunalwahl im vergangenen September nahe. In Hannover kam die SPD auf 37 Prozent der Stimmen, im Stadtbezirksrat Vahrenwald-List auf 39. Die Lister Sozialdemokraten stellen zwei der 24 SPD-Vertreter im Stadtrat. Der enge Kontakt zum Bürger und die gute Zusammenarbeit der Ortsvereine sollen nun im kommenden Januar auch helfen, eine Mehrheit im Landtag zu sichern. Stephan Weil soll Ministerpräsident werden. Schon der Mitgliederentscheid, der Weil die Kandidatur sicherte, geriet beim OV List-Süd zum Event. „Los ging es mit einem gemeinsamen Brunch, dann gab es eine Lesung und nachmittags Kaffee und Kuchen“, erzählt Könecke. Das Wahllokal war in einer Gaststätte.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.