Im vergangenen Jahr tauchten neue Dokumente auf - und plötzlich musste die SPD Rödermark ihr 145. Jubiläum um 22 Jahre vorverlegen. Also hat sie im August eine imposante Feier auf die Beine gestellt.

Mit einer imposanten Feier hat die SPD Rödermark im August ihr 145. Jubiläum gefeiert. Rund 250 Gäste kamen zu dem Festakt in die Kulturhalle Ober-Roden, darunter der Vorsitzende der SPD-Hessen Thorsten Schäfer-Gümbel. Doch nicht nur deshalb war es ein denkwürdiges Ereignis für die Genossen in der kleinen Stadt bei Frankfurt. Denn erst im vergangenen Jahr fanden sie heraus: Ihr Ortsverein ist 22 Jahre älter, als sie bis dahin dachten.

Wie das? „Im Frühjahr 2012 habe ich neue Dokumente entdeckt“, sagt Klaus-Joachim Rink. Der 66-Jährige ist pensionierter Lehrer und Hobby-Historiker. Ein SPD-Mitglied aus Darmstadt habe ihn auf ein Buch aufmerksam gemacht, erzählt er: „Die erste Deutsche Arbeiterpartei“ von Toni Offermann. Der Schrift liegen zahlreiche Dokumente zur Geschichte der SPD-Vorgänger ADAV und LADAV bei. Viele von ihnen lagerten jahrzehntelang verborgen in sowjetischen Archiven. Aus den Dokumenten geht hervor, dass schon 1868 mehrere Arbeiter aus Ober-Roden – heute ein Stadtteil von Rödermark – Beiträge an den ADAV entrichteten.

Die Sozialdemokratie hat sich in Rödermark also nicht, wie man bis dahin dachte, erst nach der Aufhebung von Bismarcks Sozialistengesetz (1878-1890) organisiert. Der Ortsverein hat eine wechselhafte Geschichte. Zumindest im damals noch eigenständigen Stadtteil Urberach war die SPD zwischen 1952 und 1968 die führende politische Kraft. Doch ein Zerwürfnis zwischen dem Bürgermeister und dem Ortsvereinsvorsitzenden schwächte die SPD. Seitdem landet sie nach Wahlen meistens in der Opposition. Regiert wird die Stadt derzeit von einer schwarz-grünen Koalition.

Dennoch herrscht eine Aufbruchstimmung in der Rödermarker SPD. „Wir schaffen es, schrittweise auch jüngere Menschen wieder für Politik zu interessieren“, berichtet der Pressesprecher Armin Lauer. „Ein Grund dafür ist Hidir.“

Es herrscht Aufbruchstimmung

Hidir Karademir ist seit 2011 Vorsitzender des Ortsvereins. „Er geht auf die Menschen zu“, sagt Lauer über ihn. Mit seinem Optimismus und seiner Biografie begeistere er die Leute.

Aufgewachsen ist Karademir in einem Bergdorf in Zentralanatolien. Mit 15 Jahren kam er 1969 aus der Türkei nach Nordrhein-Westfalen, um eine Lehre als Bergmann zu absolvieren. Neben der Arbeit bildete er sich weiter, lernte Deutsch und erwarb einen Realschulabschluss. 1972 zog er nach Rödermark. Er nahm eine Stelle als Sozialberater an, qualifizierte sich weiter und konnte schließlich sogar in Frankfurt studieren. Als diplomierter Sozialarbeiter berät er nun bei der Arbeiterwohlfahrt Migranten und gibt ihnen seine Erfahrungen weiter. „In Deutschland kann man nur durch Bildung weiterkommen“, ist er überzeugt. Und Wissen brauche man auch, um in der Gesellschaft etwas bewegen zu können. Er selbst macht es vor: Seit zwei Jahren gehört er dem Landesvorstand der SPD an.

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Carl-Friedrich Höck

arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.

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