Die unfreiwillige Komik steuert die Deutsche Bank bei. Sie antwortete Autorin Deborah Steinborn auf ihre Frage, warum sie an der Spitze nur Männer habe, lapidar mit: „Wir hatten mal eine Frau im Vorstand. Aber die ist leider verstorben.“
Als sehr langlebig erweist sich das Vorurteil, für den Umgang mit Geld oder der „harten“ Ökonomie seien Frauen ungeeignet. Insofern wird noch so manches Buch herauskommen, bevor die Geschlechterparität in der Wirtschaft, bei Banken und in Unternehmen, Realität geworden ist.
Rezepte zu einfach gestrickt
„Wie kann sich der Kapitalismus nach seiner jüngsten großen Krise weiterentwickeln?“, fragen der „Zeit“-Journalist Uwe Jean Heuser und die „Wall Street Journal“-Korrespondentin Steinborn. Ihre Antwort: „Am ehesten durch die größte personelle und organisatorische Veränderung, die gerade ansteht. Und das ist nun mal die Einbeziehung der Frauen.“
Gewiss doch: Dass Frauen stärker in die Ökonomie eingreifen müssen, und zwar nicht nur auf den unteren, sondern auch auf der oberen Ebene, sollte sich langsam herumgesprochen haben. Und dass Selbstverpflichtungen erst im nächsten Jahrhundert greifen würden, weiß man auch. Ebenso, dass gesellschaftlicher Druck und gesetzliche Vorgaben Deutschen und anderen Bankern auf die Sprünge helfen müssen.
Lehmann Sisters
Nur: Wenn das Gesellschaftssystem und seine Krisen kapitalistisch sind, ist es mit der „reinen“ Idee, dass mehr Frauen in die Vorstände gehören, nicht getan. Und ob die Finanzkrise, wenn denn Lehmann Brothers Lehmann Sisters geheißen hätte, so grundlegend anders verlaufen wäre, darf doch bezweifelt werden. Auch die Aussage, eine „Wirtschaft gleichermaßen für Männer wie Frauen“ beschere uns das Paradies, ist ein Glaubensartikel: „Und mehr Wohlstand kommt dann wie von selbst.“ Elend in der Dritten Welt, Hedgefonds, schreiende Bildungsungerechtigkeit: Das soll alles von selbst verschwinden? Anders zu denken, reicht leider nicht.
Uwe Jean Heuser/Deborah Steinborn: "Anders denken! Warum die Ökonomie weiblicher wird", Hanser-Verlag, Frankfurt am Main 2013, 252 Seiten, 19,90 Euro, ISBN 978-3-446-43648-0
Matthias Dohmen hat Germanistik, Geschichte, Politologie und Philosophie studiert, arbeitet als freier Journalist und ist 2015 mit einer Arbeit über die Rolle der Historiker West und Ost im "deutschen Geschichtskrieg" promoviert worden.