Kultur

Arbeitsfrei?

von Vera Rosigkeit · 13. Oktober 2013

Immer mehr Maschinen ersetzen menschliche Arbeit. Welche Folgen hat dies für unsere Gesellschaft und wie ist die Politik darauf vorbereitet? Darüber sprachen die Autoren des Buches "Arbeitsfrei" mit dem Politiker Lars Klingbeil am vorwärts-Stand bei der Frankfurter Buchmesse.

Die Informatikerin Constanze Kurz und der Geschäftsführer Frank Rieger, beide Sprecher des Chaos Computer Clubs, haben in ihrem Buch eine Entdeckungsreise zu den Maschinen unternommen, die unsere Arbeitskraft in naher Zukunft ersetzen werden. Sie haben Produktionsstätten besucht und geschaut, wie viele Menschen es noch braucht, um beispielsweise Brot zu produzieren. 

Ihr Fazit: Nur noch sehr wenige Menschen werden benötigt, um einen solchen Betrieb aufrechtzuerhalten. Auch in der Autoindustrie tut sich Einiges. Die nächste Welle, erklärt Frank Rieger, sei die Produktion selbst fahrender Autos. Welche Auswirkungen wird das auf die Gesellschaft haben?, fragt er. „Allein 800000 LKW-Fahrer sind in Deutschland damit beschäftigt, über die Straßen zu fahren. "Was passiert, wenn die arbeitslos werden?“

Es ist genau diese Frage, die die Diskussion bei der Buchvorstellung von „Arbeitsfrei. Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen“ bestimmt. Nicht die Angst um die technische Entwicklung steht im Mittelpunkt, sondern wie sie die Gesellschaft verändern wird und ob wir darauf vorbereitet sind. Das sind wir nicht, sagt Lars Klingbeil, netzpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Die Diskussion darüber, was diese Veränderung zum Beispiel für den Arbeitsmarkt bedeutet oder für die Bildungspolitik, müsse aber dringend geführt werden.

Automatisierungsdividende

Erst recht, wenn es nach der Vorstellung der Autoren geht. Die nämlich möchten einen Zustand erreichen, wo es kein Drama sein muss, seinen Arbeitsplatz zu verlieren. Denn viele Jobs, die durch Maschinen ersetzt werden, seien Jobs, denen man nicht hinterher trauern müsse.

Doch noch sei die Gesellschaft weit von diesem Zustand entfernt, sagt Rieger. „Momentan werden Billiglöhne noch aus den Sozialkassen subventioniert.“ Und Kurz erklärt, es gehe auch darum, Einfluss zu nehmen und die Technikentwicklung zu gestalten und nicht nur Effizienzziele im Auge haben.

Aber in einer Gesellschaft, die ihre Steuereinnahmen zu Zweidrittel aus menschlicher Arbeit finanziert, schafft eine zunehmende Automatisierung noch ganz andere Probleme. Es schrumpfen die Einnahmen für die Sozialkassen. Auch dazu haben sich die Autoren etwas ausgedacht und schlagen eine Automatisierungsdividende vor. Rieger erklärt: Der zunehmende Einsatz von Maschinen führe zu höherer Produktivität und damit zu höherem Profit. Steuern müssen nicht nur aus menschlicher Arbeit finanziert, können auch anteilig aus diesen Gewinnen geschöpft werden. Das sei eine Frage der Verteilungsgerechtigkeit, so Rieger.

Angesichts dieser Entwicklung muss sich Politik aufmachen, sagt Klingbeil. Mit diesem Buch müsse man sich beschäftigen. Es gehöre in die Koalitionsverhandlungen.

 

 

Autor*in
Avatar
Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare