Inland

Schicht im Zug

von Thomas Horsmann · 27. Februar 2013

»Mein Arbeitstag beginnt frühestens um 2 Uhr nachts und spätestens um 23.30 Uhr.«

Einen normalen Arbeitstag gibt es bei mir nicht, der Schichtdienst bei der Bahn ist da zu unregelmäßig. Das ist ein Nachteil, aber auch ein Vorteil des Lokführerberufs. Zwar kann ich nicht mehr im Verein Fußball spielen, weil ich so selten zum Training komme. Auch Feste finden oft ohne mich statt. Dafür hatte ich mehr von meiner Tochter, als sie klein war, als die meisten Väter mit normaler Arbeitszeit.

Ich habe nie daran gedacht, Lokführer zu werden. Zunächst habe ich Bürokaufmann gelernt, bin dann aber Zugbegleiter geworden. Das fand ich interessanter. Ein paar Jahre lang war ich als Zugführer Chef der Zugbegleiter und zum Beispiel für die Technik im Wagen und die Abfertigung des Zuges am Bahnsteig verantwortlich. Erst wenn alle anderen Türen geschlossen sind, kann ich dem Lokführer das Signal für die Abfahrt des Zuges geben und selbst einsteigen und meine Tür schließen. Aber als diese betrieblichen Aufgaben immer weniger wurden, habe ich zum Lokführer umgeschult. Da ist man unabhängiger und keiner redet einem rein. Dass kein Tag gleich ist, finde ich sehr interessant, auch wenn‘s anstrengend ist. Mein Arbeitstag beginnt frühestens um 2 Uhr nachts und spätestens um 23.30 Uhr. Er kann zwischen fünfeinhalb und 12 Stunden pro Schicht dauern.

Meine Schicht beginne ich am Nürnberger Hauptbahnhof. Dort bekomme ich den aktuellen Standort des Zuges mitgeteilt, sonst würde ich ihn auf dem riesigen Bahngelände gar nicht finden. Im Triebfahrzeug überprüfe ich alle wichtigen Funktionen wie Bremsen, Motoren, Türen usw. Vieles kann man von den Displays im Führerstand ablesen. Nachdem ich mich beim Fahrdienstleiter angemeldet habe, kann es losgehen.

Da ein Zug nicht ausweichen kann, ist die Verantwortung groß. Spannend ist es im Berufs- oder Schülerverkehr. Bis da alle eingestiegen sind, vergeht oft mehr Zeit als vorgesehen. Dann muss ich zwischen den Stationen schneller fahren, allerdings nicht schneller als die zulässige Höchstgeschwindigkeit.

An der Endstation habe ich meistens eine kleine Pause, dann geht‘s zurück. Ich fahre zwischen zwei und vier Stunden auf einem Zug, dann kommt der Kollege, der weitermacht. So kann ich auch Arbeitsschutzpausen von 30 bis 45 Minuten machen, das ist alles genau geregelt. Dann gehe ich oft in die Kantine, bis ich mit dem nächsten Zug weiter fahre. 

Autor*in
Avatar
Thomas Horsmann

ist freier Journalist und Redakteur.

 

0 Kommentare
Noch keine Kommentare