Geschichte

Ein schwarzer Tag für die Gewerkschaften

von Carl-Friedrich Höck · 2. Mai 2013

Die Hauptkundgebung des DGB zum Tag der Arbeit stand in diesem Jahr im Zeichen des Erinnerns: Am 2. Mai vor 80 Jahren zerschlugen die Nazis die freien Gewerkschaften. 

"Der 1. Mai ist unser Tag", rief DGB-Chef Michael Sommer am Mittwoch in München. Er musste dies noch einmal betonen. Denn auf der Geschichte des Tages der Arbeit lastet ein dunkler Schatten.

Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert feierte die internationale Arbeiterbewegung den 1. Mai als "ihren" Tag. Doch zum Feiertag machten ihn in Deutschland ausgerechnet die Nationalsozialisten: 1933 führten sie den "Tag der Nationalen Arbeit" ein.

Nur einen Tag später, am 2. Mai 1933, stürmten SA- und SS-Truppen die Häuser der freien Gewerkschaften. Funktionäre wurden verhaftet, gefoltert und ermordet. Einige Monate später wurden die freien Gewerkschaften auch formell verboten.

Sommer: "Grundwerte mit Füßen getreten"

Die Nazis wollten den 1. Mai für sich einnehmen. Doch das will Sommer nicht gelten lassen: "Er ist unser Tag, an dem wir deutlich machen: Die deutschen Gewerkschaften stehen für sozialen Fortschritt und Gerechtigkeit, aber auch für Frieden, Demokratie und Freiheit". Diese Grundwerte der deutschen Gewerkschaftsbewegung seien vor 80 Jahren von den Nazis mit Füßen getreten worden.

Die freie Gewerkschaftsbewegung hat aus ihrer größten Niederlage eine Lehre gezogen. Die Nazis konnten sie "auch deshalb zerschlagen und zerstören, weil wir nicht einig waren", sagte Sommer. Es habe kommunistische, sozialdemokratische, christliche und liberale Flügel gegeben, die sich untereinander bekämpft hätten. "Wir waren zerstritten in der Sache, vor allem aber zersplittert in Richtungsgewerkschaften". Aus dieser Erkenntnis heraus entstand die Idee einer Einheitsgewerkschaft. 1949 wurde sie mit der Gründung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) Realität.

Gabriel: "Gewerkschaften sind unverzichtbar"

"Der heutige Jahrestag mahnt uns alle, stets für starke und unabhängige Gewerkschaften einzutreten", betont SPD-Chef Sigmar Gabriel in einem Beitrag für die Internetseite 150-Jahre-SPD.de. Gewerkschaften seien "unverzichtbar in einer Demokratie und für eine Demokratie."

Auch Michael Sommer schlug eine Brücke in die Gegenwart: "Es ist wieder Allgemeingut in diesem Land geworden, dass sozialer Fortschritt und der Schutz vor Krisen ohne oder gar gegen die Gewerkschaften nicht zu haben sind." Er forderte gerechtere Steuern, einen Mindestlohn, gleiches Geld für gleiche Arbeit und ein soziales Europa.

Kritik an schwarz-gelben "Nebelkerzen"

"Keine ernst zu nehmende Partei versucht noch, sich unseren Forderungen prinzipiell zu entziehen", stellte Sommer fest. Doch es würden "Nebelkerzen" geworfen und politische Pirouetten gedreht. "Die Konservativen und Liberalen in Bayern und im Bund haben da eine gewisse Routine entwickelt", sagte Sommer.

Indirekt kritisierte Sommer die Bundesregierung auch für ihre Entscheidung, den NPD-Verbotsantrag des Bundesrats nicht mitzutragen: "Wir wollen das Verbot der NPD." Die eigene Geschichte verpflichte die Gewerkschaften zum uneingeschränkten Widerstand gegen jede Form von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus, mahnte Sommer. Deshalb biete der DGB den Nazis die Stirn. Überall.

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Carl-Friedrich Höck

arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.

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