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Die Folgen waren unausweichlich

von Vanessa Jasmin Lemke · 13. November 2013

Vor fünf Tagen veränderte der Taifun „Haiyan“ das Leben der Menschen auf den Philippinen. Auch auf der UN-Klimakonferenz in Warschau werden die Vorgänge auf den Philippinen diskutiert. Der Meteorologe Sven Plöger ist überzeugt, dass der Mensch eine erhebliche Verantwortung am Klimawandel trägt. Ob „Haiyan“ deswegen so stark geworden ist, werde man aber nie klären können.

vorwärts.de: Schon oft war die Region von Stürmen oder Taifunen betroffen. Taifun „Haiyan“ gilt aber als einer der verheerendsten seit der Geschichte der Klimaaufzeichnungen. Wie konnte er solche Ausmaße erreichen?

„Haiyan“ war in der Tat einer der vier stärksten Wirbelstürme seit dem Beginn meteorologischer Messungen. Derzeit ist das Wasser in der betroffenen Region des Pazifiks mit rund 30 Grad noch etwa zwei Grad wärmer als üblicherweise. Wie eine höher gedrehte Herdplatte liefert dieser sehr warme Ozean die Energie für den Taifun. Aber auch die sonstigen Bedingungen, wie etwa eine geeignete Höhenströmung, haben zur extremen Entwicklung von „Haiyan“ beigetragen.

Mit einer Geschwindigkeit von über 300 km/h hat der Wirbelsturm etwa 80 Prozent der Infrastruktur der betroffenen Regionen zerstört. Hunderttausende Menschen haben alles verloren und die Zahl der Toten wird auf 10000 geschätzt. Konnten die Ausmaße des Taifuns im Vorfeld nicht eingeschätzt werden?

Die Ausmaße dieses Taifuns, der auf der fünfteiligen Saffir-Simpson-Skala die Stufe vier erreicht hat, wurden sehr früh deutlich. Schon vier Tage vor dem Ereignis konnte man mit Böen von mehr als 300 km/h auf den Philippinen rechnen – letztendlich wurden sogar mehr als 350 km/h erreicht. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Winddruck quadratisch wächst ­­­– 300 km/h ist also neun mal so heftig wie 100 km/h – sind diese schrecklichen Folgen trotz guter Einschätzung fast unausweichlich gewesen.

Woran liegt es, dass Taifune, Orkane und Tsunamis immer stärkere Schäden verursachen?

Bei der Entwicklung der tropischen Wirbelstürme gibt es derzeit keinen klaren Trend. Häufiger finden sie nicht statt, einige Untersuchungen weisen aber auf eine Verstärkung der Stürme gerade in dieser Region hin. Entscheidend ist jedoch, dass sich immer mehr Menschen küstennah ansiedeln und somit der gleiche Sturm heute viel mehr Schaden anrichten kann, als etwa vor 50 oder 100 Jahren.

Was muss getan werden, damit sich solche Szenen wie die von den Philippinen nicht wiederholen oder müssen wir uns regelmäßig auf solche Bilder einstellen?

Neben einer weiteren Verbesserung der kurzfristigen Sturmvorhersage kommt dem Warn- und Katastrophenmanagement eine immer größere Bedeutung zu. Zunächst müssen die Warnungen die Menschen gerade in dieser oft ländlichen Region besser erreichen. Außerdem  muss im Vorfeld ein Plan existieren, wie eine große Region effektiv und schnell evakuiert werden kann und auch, wie man nach dem Sturm so schnell wie möglich Hilfe zu den betroffenen Menschen bringen kann.

Welche Schuld trägt jeder Einzelne von uns?

Wenn man das genau wüsste, dann wäre es viel einfacher Klimaschutz zu betreiben! Denn dann würde jeder von uns wissen, was er konkret ändern kann und man würde diesen Erfolg des Handelns sofort sehen. Leider tut uns die Atmosphäre diesen Gefallen nicht. Nach dem fünften Sachstandsbericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) vom September 2013 ist es zu 95 Prozent sicher, dass wir Menschen an der derzeitigen Erwärmung maßgeblich beteiligt sind. Wir tragen also eine erhebliche Verantwortung und so kann man nur hoffen, dass auf der internationalen Klimakonferenz in Warschau mehr herauskommt als lediglich unverbindliche Minimalziele beim Klimaschutz. Aber ob „Haiyan“ auch ohne menschlichen Einfluss so stark geworden wäre, werden wir nie wissen. Er war ein schwerer Wirbelsturm – ein einzelnes Wetterereignis, wie es auf diesem Planeten leider vorkommen kann.

Sven Plöger hat zusammen mit dem Wetterexperten Frank Böttcher vom Institut für Wetter- und Klimakommunikation ein Buch mit allen Fakten zum Klimawandel veröffentlicht. Das Buch ist seit September im Handel erhältlich. „Klimafakten“, 176 Seiten, 12,99 Euro, ISBN: 978-3-86489-048-2

Autor*in
Vanessa Jasmin Lemke

war Praktikantin beim vorwärts (2013).

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