Kultur

Deutschland 2020

von Die Redaktion · 24. August 2006

Auf mehr als 500 Seiten setzt sich der Zukunftsforscher Horst W. Opaschowski mit dem Leben der Deutschen am Beginn des 21. Jahrhunderts auseinander. Er analysiert die Situation und wagt einen Blick in die Zukunft.

Zu den Problemen Arbeitslosigkeit, Rentensicherung und Gesundheitsvorsorge kommen laut Opaschowski aktuelle Bedrohungen wie Terrorismus und Klimawandel hinzu. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sehen 93 Prozent der Deutschen als vordringlichste Aufgabe der Politik. Dicht gefolgt von der Sicherung der Renten (80 Prozent). Große Sorge bereiten Kriminalität (59 Prozent) und Terrorismus (58 Prozent).

Die Reformdiskussionen scheinen endlos, Enttäuschungserfahrungen häufen sich. Das Vertrauen der Bundesbürger in den Staat sei erschüttert. Die Wahlbeteiligung sinkt, genau wie die Mitgliederzahlen der Parteien. 43 Prozent der Deutschen seien der Meinung "der Sozialstaat kippt". Dabei habe jeder Angst auf der Schattenseite der Verlierer zu landen. Das mache den Umgangston rauher. Für Opaschowski stellt sich die Frage, ob der soziale Zusammenhalt verlorengeht.

"Es kann nicht mehr alles dem Staat überlassen bleiben. Die Bürger müssen viele Dinge des Lebens selbstständig in die Hand nehmen", stellt der Zukunftsforscher fest. Diese neue Verantwortung sei allerdings auch ganz im Sinne der nachwachsenden Generation. Die Deutschen wüssten, dass es "in Zukunft viel schwieriger ist, ebenso abgesichert und im Wohlstand zu leben" (56 Prozent). Aber die Menschen seien motiviert und bereit Leistung zu bringen. 63 Prozent der Bürger seien der Meinung in einer Leistungsgesellschaft zu leben. Auch die Jugend sei motiviert, produktiv und bereit Verantwortung zu tragen. "Leistung und Lebensgenuss sind keine Gegensätze mehr", erklärt Opaschowski. Die junge Generation dränge darauf, das "Gleichgewicht von Wohlstand und Wohlbefinden wiederzufinden". Die Sinnhaftigkeit der eigenen Arbeit rücke ebenfalls ins Zentrum ihres Interesses.

In einer Zeit, in der nichts mehr sicher ist, und Opaschowski einen "Vertrauensverlust auf breiter Ebene" konstatiert, sieht er gleichzeitig eine neue Sehnsucht nach Vertrauen wachsen. Neue soziale Netzwerke entstünden und die Unterschiede zwischen den Generationen seien viel kleiner als angenommen. Bei den 14- bis 29-Jährigen stehen Pflichtbewusstsein (87 Prozent) und richtiges Benehmen (66 Prozent) hoch im Kurs, erläutert der Zukunftsforscher.

Die Welt ist im Wandel. So schwierig und krisenhaft Übergangszeiten erlebt werden, sie bergen auch immer Chancen. Opaschowskis Analysen sind präzise. Sie stützen sich auf umfangreiches Datenmaterial. Seine Ausführungen darüber wie wir morgen leben werden, regen zum Nachdenken an. Bisweilen ist Opaschowskis Buch allerdings etwas zu ausführlich geraten.

Birgit Güll

Opaschowski, Horst W. "Deutschland 2020. Wie wir morgen leben - Prognosen der Wissenschaft". VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2. erw. Auflage, 2006, 560 Seiten, 39,90 Euro, ISBN 3-531-14940-7.

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