Die Krise von Rot-Grün sieht Horst Breit als Chance, "wenn wir selbstkritisch die Fehler analysieren" und "bessere Konzepte entwickeln". Die Methoden und Instrumente des Marketings müssten
auch in die Politik Eingang finden.
Zauberwort Politikmarketing
Entwickelt wurde das Marketing von Wirtschaftswissenschaftlern, um besser und effizienter wirtschaften zu können. So ist ein Instrumentarium der Marktforschung entstanden, um den Bedürfnissen
und Wünschen der Kunden auf die Spur zu kommen. Das ließe sich direkt auf die Politik übertragen, so Breit.
"Nur wenn man die Wünsche, Ängste und Hoffnungen der Menschen genau analysiert hat, kann man politische Ideen entwickeln, die den Anforderungen gerecht werden, die dann letztendlich von den
Bürgern akzeptiert werden." Hätte man bei Hartz IV zum Bespiel "genauer analysiert, besser getestet, intelligenter gearbeitet", wäre die Arbeitsmarktreform auch verstanden worden, bedauert Breit.
Vielleicht schwebt Politik in jüngster Zeit tatsächlich ein wenig über den Wolken. Das sollte sie jedoch allenfalls beim Entwickeln von Visionen. Und auch die fordert Breit ein: Ideen von
historischer Dimension, von denen die Menschen begeistert sind. Und Politiker, die Menschen für Ideen begeistern können
Besonderes Augenmerk legt Breit auf die Wirtschaftspolitik. Wer verteilen will, muss erst einmal erwirtschaften. Er stellt viele Fragen: nach einem Wirtschaftsmodell, dass der "sozialen und
freien Marktwirtschaft" gerecht wird; ob man mit ethischen Werten wirtschaften kann; wie der Lebensstandard trotz Globalisierung gehalten werden kann; wer mehr Gewinn macht, der Unternehmer mit dem
Ich-bezogenen Weltbild oder jener, der gesellschaftliche Verantwortung übernimmt. Seine Antworten sind mitunter erstaunlich.
Zauberformel Kreativität
"Wir müssen die wichtigste Rohstoffquelle der Welt nutzbar machen: die Kreativität der Menschen" fordert Breit. Seine Botschaft: "In der gesellschaftlichen Krise brauchen wir den radikalen
Willen zu neuartigen Ideen und mehr Strenge im Kritisieren der Entwürfe." Die Kreativität zu fördern, sei eine neue Kultur nötig, "eine neuartige Kultur der Leistungsgesellschaft, eine andere
Kultur des Umgangs miteinander und eine ertragreiche Kultur des Wirtschaftens", so Breit. Er spricht viele Bereiche an,: Solidarität und Partizipation statt Ellenbogengesellschaft und Ausbeutung;
mehr Miteinander und Teilhabe statt Privatisieren, mehr Sachkompetenz und Marketing in Wirtschaft und Politik, eine neue Kultur des Forschens.
30 Jahre lang hat Horst Breit nach dem "Roten Stein der Sozialdemokratie" gesucht und die spannenden politischen Ideen vieler Länder durchforscht - jenseits neoliberaler und keynesianischer
Politik. Sein Konzept gibt Anregungen, große Visionen umzusetzen: den Ausbau des Sozialstaates, die Ökologisierung der Wirtschaft und mehr Freiräume für die Bürgerinnen und Bürger. Es hat
interessante Ansätze und verdient es, gehört zu werden.
Dagmar Günther
Horst Breit: Rot-Grüne Perspektiven nach 2009. Aufbruch in die Kreativgesellschaft, Books on Demand, Norderstedt 2005, 155 Seiten, 15, Euro, ISBN 3-8334388-X
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