Wissen kann das auch Richard Morgan nicht, aber der britische Schriftsteller wagt mit seinem Wirtschafts-Thriller "Profit" einen beängstigenden Blick in die Zukunft. Der Londoner
Investmentbanker Chris Faulkner, ein erfolgreicher Manager um die 30, landet Mitte der 40er Jahre des 21. Jahrhunderts beim Unternehmen Shorn Associates, das hauptsächlich in Krisengebiete der
Dritten Welt - und hier zum großen Teil in Lateinamerika - investiert: Es geht meist um Waffenexporte.
Die britische Metropole ist in Zonen unterteilt, die die ganz Reichen von den ganz Armen trennt; eine Mittelschicht gibt es nicht mehr. Der berufliche Aufstieg wird in Duellen auf der Straße
ausgetragen, und zwar mit Autos. Wer verliert, stirbt, und wer gewinnt, bekommt den Posten des ausgeschalteten Rivalen.
Dieses Szenario scheint zunächst überzogen, aber wird nicht mancherorts bereits heute "über Leichen" gegangen wird, wenn es um die Gewinnmaximierung geht? Der Thriller "Profit" zeigt, was die
ökonomisierte Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung aus Menschen machen kann: Der anfangs sympathische Chris wandelt sich im Lauf der Handlung zusehends zum rücksichtslosen Ellebogentypen.
Irgendwann kann er kaum mehr anders, als seine Kraft und Energie ausschließlich dem Job zu widmen, um nicht zu sterben.
Business ist ein hartes Geschäft, es geht schließlich um sehr, sehr viel Geld. Auch seine Ehe mit der Skandinavierin Carla scheitert daran. Und zum Ende der knapp 600 Seiten kommt, was kommen
muss: der Showdown und das große Duell zwischen Chris Faulkner und seinem firmeninternen Förderer Mike Bryant.
Wer spannende Abende mit einem guten Kriminalroman verbringen möchte, sollte "Profit" lesen. Hat man die ersten 30 bis 40 Seiten, die etwas zäher sind, erst einmal hinter sich, lässt einen
dieses Buch so schnell nicht wieder los. Die diversen Handlungsstränge verdichten sich immer weiter, und beim Lesen wächst die Gewissheit, dass es martialisch zugehen muss. Und diese Erwartung wird
nicht enttäuscht.
Holger Küppers
Autor: Richard Morgan
Titel: "Profit"
Verlag: Heyne
Erscheinungsjahr: 2005
Preis: 13 Euro
ISBN 3-453-40051-8
Seitenzahl: 578
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