Seit über zehn Jahren stehen die Pläne für "Stuttgart 21". Der alte Kopfbahnhof soll zu einem unterirdischen Durchgangsbahnhof ausgebaut werden, geschätzte Kosten: 2,8 Milliarden Euro
Bundesverkehrsminister Tiefensee kündigte am Montag nach einem Treffen mit dem Stuttgarter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) und dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten
Günther Oettinger (CDU) an, er wolle das Projekt noch einmal auf seine Wirtschaftlichkeit überprüfen lassen. Der Bund soll sich mit 500 Millionen Euro am Neubau des Stuttgarter Bahnhofs
beteiligen. Weitere 500 Millionen Euro will das Land Baden-Württemberg beisteuern. Den Rest trägt die Deutsche Bahn.
Entscheidung 2007
Tiefensee betonte, als Eigentümer der Deutschen Bahn, sei der Bund daran interessiert, dass das Geld sinnvoll eingesetzt werde. Es schloss nicht aus, das Projekt gänzlich fallen zu lassen.
Eine Entscheidung wird im Frühjahr 2007 erwartet. Der Bau könnte frühestens im Jahr 2009 beginnen.
Der Bau der ICE-Strecke Stuttgart-Ulm gilt dagegen als sicher. Sie ist Teil der geplanten europäischen Hochgeschwindigkeitsmagistrale von Paris nach Bratislava. Die EU beteiligt sich aus
diesem Grund auch an den Baukosten von rund 2 Milliarden Euro. In welcher Höhe ist allerdings noch unklar. Verkehrsminister Tiefensee erklärte gestern, der Bund könne den Bau der ICE-Strecke
nicht vor dem Jahr 2017 finanzieren. Dass würde bedeuten, dass das Land Baden-Württemberg das Projekt zunächst komplett vorfinanzieren müsse. Bisher hat das Land Baden-Württemberg einen Vorschuß
von 500 Millionen Euro angeboten
Ein Scheitern des Großprojektes "Stuttgart 21" wäre für die Landesregierung, die Stadt Stuttgart und die Deutsche Bahn eine Katastrophe. Bereits seit Jahrzehnten wird über das Projekt
diskutiert. Das oberirdische Bahngelände, das beim Bau eines unterirdischen Bahnhofs nicht mehr gebraucht würde, hat die Stadt Stuttgart bereits für 450 Millionen Euro gekauft. Die Bahn muss den
Erlös allerdings in das Bahnhofsprojekt investieren.
Oettinger zuversichtlich
Ministerpräsident Oettinger und Oberbürgermeister Schuster gaben sich nach dem Gespräch im Bundesverkehrsministerium denn auch betont optimistisch. Er sei nicht enttäuscht, sagte Oettinger.
Beide gehen nach wie vor fest von der Realisierung des Projektes aus. Wolfgang Schuster betonte, "man müsse dem Bund noch einmal deutlich machen, dass die Sanierung des Kopfbahnhofes die
schlechtere Alternative sei".
Die Sanierung des alten Kopfbahnhofes in Stuttgart war vor allem von den Grünen im baden-württembergischen Landtag und im Stuttgarter Rathaus ins Gespräch gebracht worden. Sie lehnen das
Projekt, anders als die SPD, ab.
Nach einer Studie der Deutschen Bahn, wäre es allerdings kaum billiger den Stuttgarter Bahnhof zu sanieren, als ihn neu zu bauen. Bahnchef Hartmut Mehdorn warb deshalb am Montag ebenfalls
für den Bau von "Stuttgart 21". Kein Wunder, die Bahn hat schon 300 Millionen Euro in die Planungen für das Projekt investiert.
Karsten Wiedemann
Quelle: Stuttgarter Zeitung (12., 13., 21., 22., 23., 24. Oktober 2006), Frankfurter Rundschau 24.Oktober 2006), der Tagesspiegel (24. Oktober 2006), www.stuttgarter-nachrichten.de
Redakteur bei vorwaerts.de bis September 2009, jetzt Redakteur bei Neue Energie, dem Magazin des Bundesverbands für Windenergie