Ich bin ein Mensch, der aus allem immer das Positive zieht", sagt Beate Wottke. Eine Fähigkeit, die sie zuletzt gut gebrauchen konnte. Beate Wottke ist 46 Jahre alt. Sie war zwei Jahre lang MAE-Kraft. Brückenjobber sagen manche. "Ein-Euro-Jobber" sagt der Volksmund. Nichts davon klingt richtig gut. Und nichts davon klingt nach der Arbeit, die Wottke bewältigt hat, die sie gut gemacht hat, wie ihr Arbeitgeber sagt. Die sie gerne gemacht hat, wie sie selbst sagt.
Wottke hat in einem Berliner Kinderladen gearbeitet. Hat Kleinkinder gewickelt, ihren Mittagsschlaf bewacht, den Größeren vorgelesen, mit ihnen im Sandkasten auf dem Spielplatz Burgen gebaut,
Zutaten eingekauft und mit Kindern gekocht, gebastelt. Sie hat getröstet und bestärkt. Erst ein Jahr, dann in Verlängerung noch eins. "Ich habe unglaublich viel gelernt in dieser Zeit", sagt
Wottke. Nur schade, dass ihr das - zumindest für die berufliche Zukunft - offenbar nichts bringt. Begonnen hat sie den Job als eine Frau, die Hartz-IV bekommt, arbeitet und dafür eine
"Mehraufwandsentschädigung" von 1,50 Euro je Stunde erhält. Zwei Jahre später hat sich an ihrem Status und ihren weiteren Aussichten nichts geändert. Das frustriert.
800 000 Menschen als MAE-Kraft
Ziel der "Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung" (MAE) ist die Heranführung Langzeitarbeitsloser an den Ersten Arbeitsmarkt. Weit mehr als 800 000 Menschen übten 2008 eine
Arbeitsgelegenheit aus. Damit, so belegt es eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, ist MAE das bedeutendste Instrument der Arbeitsmarktpolitik. Und das teuerste. 30 Prozent des Etats für
Eingliederungsleistungen werden für MAE verwandt, 2008 waren das immerhin knapp 1,5 Milliarden Euro.
Bevor Beate Wottke im Kinderladen anfing, haben die Eltern diskutiert, ob es vertretbar ist, jemanden für diese Summe arbeiten zu lassen. Wottkes Meinung dazu ist klar: "So wenig Geld ist das gar nicht", sagt sie. "Weil ich einen Partner habe, der verdient, hatte ich etwas weniger, sonst wäre ich auf monatlich 900 Euro gekommen. Das muss man sich anderswo auch erstmal verdienen."
Gearbeitet hat Beate Wottke immer, auch wenn sie keine abgeschlossene Ausbildung hat. 2006 verlor sie ihre Arbeitsstelle in einer Fabrik für Fensterscheiben. 13 Jahre hatte sie dort in ihrer Heimatstadt Lauenförde in Niedersachen im Schichtdienst gearbeitet und so den Lebensunterhalt für sich und ihren Sohn verdient. Im Moment sieht es so aus, als sei das ihr letzter "richtiger" Job gewesen.
Mit erst 46. Vielleicht hätte sie die Arbeit im Kinderladen weiter machen können. Zu den immer gleichen Konditionen. "Ich kenne andere MAE-ler die machen das jahrelang", sagt Wottke. Das wollte sie nicht. "Warum erhalten wir keine Chance, uns zu qualifizieren, irgendwann einen anderen Status zu erhalten?", fragt sie. Und klagt: "Da wird doch auch ein riesiges Potenzial verschenkt".
Jetzt ist Beate Wottke in einer "Entgelt-Maßnahme" und arbeitet für einen Heimatkundeverein. Der Vorteil zu MAE ist, dass sie jetzt sozialversichert ist. Die Arbeit macht Spaß. Und ist doch
wieder nur für ein Jahr. Und führt auch wieder nirgendwohin. Als sie sich arbeitslos gemeldet hat, wollte sie eine Ausbildung machen. Die Arbeitsagentur lehnte aber die Förderung ab. Inzwischen
"weiß ich gar nicht mehr, ob ich noch die Motivation aufbrächte".