Kultur

Erhellendes über die Empörung

von Jan Kluczniok · 25. Februar 2009
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Über Skandale wird viel geredet und Bücher zu diesem Thema gibt es dutzende. Braucht der Buchmarkt also ein weiteres Werk, das dieses Themenfeld behandelt? Die Antwort lautet "Ja", denn "Skandal! Die Macht öffentlicher Empörung" ist anders: Das Buch gibt in Form von 29 Interviews mit prominenten Gesprächspartnern streitbare, überraschende und berührende Antworten auf Fragen, die wir uns alle schon einmal gestellt haben.

Theorie und Praxis in einem

Die Interviewten sprechen aus eigener Erfahrung, haben sie doch alle selbst Skandale ausgelöst, waren darin verstrickt oder fielen ihnen zum Opfer. Unter anderem kommen das Entführungsopfer Natascha Kampusch, die ehemalige CSU-Rebellin Gabriele Pauli, Radrennfahrer Patrik Sinkewitz, Enthüllungsjournalist Günter Wallraff und Ex-Terrorist Peter-Jürgen Boock zu Wort. Die Fragen stellen - und das ist eine weitere Besonderheit des Buches - Hamburger Studentinnen und Studenten der Journalistik. Denn "Skandal! Die Macht öffentlicher Empörung" entstand im Rahmen eines Seminars an der Universität Hamburg.

Ein dreiviertel Jahr arbeiteten die 28 Studierenden mit viel Begeisterung, Zeit und Energie an ihrer ersten Buchveröffentlichung. Wochenlang bereiteten sie sich den Sommer hindurch auf die Interviews vor, auch die eine oder andere Nacht wurde dabei durchgearbeitet. Unterstützung erhielten die angehenden Journalisten von Medienwissenschaftler Professor Bernhard Pörksen und Jens Bergmann, Textchef des Wirtschaftsmagazins "brand eins". Die beiden hatten zuvor mit dem "Trendbuch Journalismus" und "Medienmenschen" bereits zwei ähnliche Interviewbände in Zusammenarbeit mit Studierenden erstellt. Das aktuelle Skandalbuch stellt somit den Abschluss einer Trilogie von Sachbüchern dar, die sich durch eine enge, einzigartige Verzahnung von Theorie und Praxis auszeichnen.

Skandale und ihre Opfer

Der Weg hierher war jedoch steinig, denn es zeigte sich schnell: Wer einmal einen Skandal mitgemacht hat, der wird diesen oft sein Leben lang nicht mehr los. So verweigerten einige Prominente Interviews oder drohten mit Gesprächsabbruch. Ein Interview musste sogar wiederholt werden - in Anwesenheit des Rechtsbeistandes des Befragten. Und auch im Autorisierungsprozess wurde die eine oder andere Schlacht geschlagen.

Es gab aber auch positive Erfahrungen während des Projekts - bis hin zu kleinen "Wundern". So fuhren etwa die beiden Studentinnen Silvia Worm und Friederike Meister gerade mit dem Zug nach Wien, um sich mit Dietmar Ecker, dem PR-Berater von Natascha Kampusch zu treffen, als sie die überraschende Nachricht erreichte, dass sie nach gefühlten tausend Anrufen und ebenso vielen vertröstenden Worten nun zusätzlich auch Natascha Kampusch persönlich interviewen könnten. Herzblut, Leidenschaft und Hartnäckigkeit werden also belohnt, und davon enthält "Skandal! Die Macht öffentlicher Empörung" jede Menge. Fazit: Ein rundum spannendes und in vielerlei Hinsicht einzigartiges Buch mit erhellenden Erkenntnissen zur Phänomenologie des Skandals.


Jens Bergmann/ Bernhard Pörksen (Hg.): "Skandal! Die Macht öffentlicher Empörung"; Herbert von Halem Verlag, Köln; 352 Seiten; 18,- Euro; ISBN: 978-3-938258-47-0

Weitere Informationen unter: http://www.medienskandale.de

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