Kultur

Sinn und Unsinn des „Kampfes der Kulturen“

von Die Redaktion · 11. Oktober 2007
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Trojanow wies daraufhin, wie sehr in der heutigen Zeit die Differenzen der Kulturen benannt werden. Durch diese Überbetonung des "Anderen" werden die Kultur und das Zusammenleben voneinander getrennt.

Man müsse sich, so Trojanow, darüber im Klaren sein, dass es historisch gesehen nie eine homogene "abendländische Kultur" gegeben habe. Vielmehr sei diese ein Konglomerat von persischen, türkischen und altgriechischen Einflüssen. Heute gerate diese Tatsache, man könne sagen, absichtlich in Vergessen.

Andrea Ypsilantis stimmte dem zu und erzählte von den Gastarbeitern, die sie in ihrer Kindheit kennen gelernt hatte. Die Kinder hätten sich mit Händen und Füßen verständigt, aber man habe viel voneinander gelernt und Freundschaften geschlossen. Kinder würden offener aufeinander zugehen, während die Erwachsenen leider häufig in ihren Vorurteilsstrukturen verfangen seien.

Trojanow wies hier auf die Gefahr hin, dass Kinder Vorurteile auch erben könnten, wenn sie entsprechend von ihren Eltern erzogen werden.

Er forderte zudem eine Hinterfragung dessen, was wir "Werte" nennen. Was sind europäische Werte? Wie entstanden denn Toleranz, Presse- und Religionsfreiheit? Wie kam es zu der Idee der Menschenrechte? Man müsste in deutschen Schulen den Kindern klar machen, dass der Islam und das Christentum eben keine voneinander getrennten Kulturen sind, sondern sich gegenseitig viel gegeben hätten. Ebenso forderte er die längst überfällige deutschsprachige Ausbildung der Imame. Gegenwärtig kämen diese aus anderen Ländern und wüssten in der Regel zuwenig von den deutschen Lebensumständen, um ihre Gläubigen zu beraten.

Auch Andrea Ypsilanti warnte vor dem unseligen Begriff einer "Leitkultur", die den so wichtigen Dialog von vornherein beenden würde.

Gleichsam sei es wichtig, auf die Quantität der "besonderen Vorkommnisse" zu achten.

Mit der großen Mehrheit der Einwanderer gäbe es keinerlei Probleme, nur werde dies offenbar nicht gern gehört.

Trojanow wies auf die Politik der Instrumentalisierung der Angst hin, dies sei einfach infam und inhuman. Hier würden Ängste geschürt, die jedweder Realität entbehrten.

Die eigene Kultur, so Trojanow weiter, sei immer ein ganz persönlicher Mix aus allen nur denkbaren Einflüssen des Lebens. Jeder müsse sich selbst " kulturell verorten" und glücklicherweise vertreten nur Wenige darin eine nationalistische Sicht auf die Dinge.

Das Buch fordert zum Nachdenken über gesellschaftliche Strukturen und Bilder auf, an deren "Richtigkeit" leider nur allzu viele Menschen bereitwillig glauben.

Maxi Hönigschmid

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