Mit Filmen und Gedichten hat die jemenitische Regierung im vergangenen Jahr versucht, die junge Generation von der Radikalisierung abzuhalten. Zuletzt schickte sie Anti-Terroreinheiten, die
amerikanische Luftwaffe und Cruise Missile Raketen.
Denn der ärmste Staat der arabischen Welt ist zu einem Rückzugsort des internationalen Terrorismus geworden, zur Brutstätte der sogenannten Al-Qaida der Arabischen Halbinsel (AQAP). Sie
soll Umar Farouk Abdulmutallab ausgebildet haben, der am 25. Dezember versuchte ein Flugzeug der Northwest Airlines im Anflug auf die amerikanische Stadt Detroit in die Luft zu sprengen. Der
islamische Prediger Anwar al-Awlaki aus der jemenitischen Stadt Schabwah soll seinen Hass geschürt haben.
Schwache Regierung
"Al-Qaida versucht den Jemen zu einer neuen Basis für terroristische Anschläge in der Region zu machen," sagt die amerikanische Außenministerin Hillary Clinton, "der Krieg im Jemen hat
globale Auswirkungen." Denn die jemenitische Regierung unter Präsident Ali Abdullah Salih ist schwach, weite Teile des bergigen Landes kann sie nicht kontrollieren. Ähnlich wie in Afghanistan
haben hier Stammesführer das Sagen.
Seit 2004 ist der Norden des Landes zudem Schauplatz eines Krieges gegen zaiditische Aufständische, der bereits tausende Todesopfer und zehntausende Flüchtlinge gekostet hat. Die Rebellen
wenden sich gegen sunnitisch-wahhabitische Bekehrungskampagnen, gegen die Benachteiligung der traditionell anti-republikanischen Landesteile und gegen Verbindungen der Regierung zu den
Vereinigten Staaten.
Im Süden des Landes kämpft Präsident Salih zudem mit einer Sezessionsbewegung. Vor allem in den Gouvernoraten Lahedsch, Aden und Abjan flammten vergangenes Jahr gewaltsame Proteste gegen
die Vormachtstellung der nordjemenitischen Elite auf. "Der Bürgerkrieg im Norden und die separatistische Bewegung im Süden kosten die Regierung viel Kraft," sagt Guido Steinberg von der Stiftung
Wissenschaft und Politik, "Al-Qaida nutzt das gnadenlos aus."
Brutstätte der sogenannten Al-Qaida der Arabischen Halbinsel
In den letzten Jahren haben Anschläge auf westliche Einrichtungen und Touristen im Jemen wieder zugenommen. Im Jahr 2000 wurde das US-Kriegsschiff USS Cole im Hafen von Aden angegriffen,
siebzehn Amerikaner starben. Die Al-Qaida der Arabischen Halbinsel zeichnete sich für drei Anschläge in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad auf westliche Wohnanlagen im Mai 2003, für den Mord an
fünf Mitarbeitern einer Ölfirma in Yanbu im Mai 2004 und Anschläge in al-Khobar verantwortlich. Im Dezember 2004 nahm sie das US-Konsulat in Jeddah unter Beschuss, im Februar 2006 verübte sie
einen Anschlag auf eine Ölanlage in Abqaiq.
Schien die jemenitische Regierung zwischen 2006 und 2008 mit Hilfe saudi-arabischer und amerikanischer Sicherheitskräfte wieder Oberhand gewonnen zu haben, so meldete sich die Al-Qaida der
Arabischen Halbinsel mit einem Anschlag auf die amerikanische Botschaft in Sanaa im September wieder zurück. Die Organisation wurde von einem ehemaligen Vertrauten Osama bin-Ladens, Nasser
al-Wuhayshi, und zwei ehemaligen Guantanamo-Häftlingen, Said al-Shihri (Häftling Nr. 372) und Mohammed al-Aufi (Nr. 333) neu aufgebaut.
In einem per Internet verbreiteten Video zeigten sie sich auch für den Anschlagsversuch auf die Passagiermaschine in Detroit verantwortlich und lobte Umar Farouk Abdulmutallab als Martyrer.
Der amerikanische Präsident Barack Obama reagierte entsetzt. In einer Rede an die amerikanische Bevölkerung sagte er: "Wir lernen immer mehr über den Verdächtigen," so der Präsident, "wir wissen,
dass er den Jemen besucht hat, einer Filiale der Al-Qaida angehörte, die ihn ausbildete, ihn mit Sprengstoff ausstattete und ihn anstiftete, das Flugzeug auf dem Weg nach Amerika anzugreifen."
Jemenitischen Staat stabilisieren
Am Dienstag hatt Obama zu einem Treffen der Sicherheitsdienste geladen, auf dem neue Mittel und Wege der Terrorismusbekämpfung besprochen werden sollen. Am Wochenende war bereits der Chef
des Central Command, General David Petraeus, zu Gesprächen in den Jemen entsandt worden. Die Unterstützung des Anti-Terrorkampfes dort soll in diesem Jahr auf 140 Millionen US-Dollar verdoppelt
werden und das Land auf der Afghanistan-Konferenz Ende Januar ebenfalls auf die Tagesordnung gesetzt werden.
"Der jemenitische Staat muss nachhaltig stabilisiert werden," rät Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik, "die Regierung muss zu grundlegenden Reformen gezwungen
werden,auf die Rebellen zuzugehen und mit den Separatisten Gespräche führen. Dazu braucht man aber ein schlüssiges Gesamtkonzept."
In den letzten Wochen des vergangenen Jahres haben jemenitische und amerikanische Sicherheitskräfte gemeinsam Luftangriffe auf Al-Qaida Basen durchgeführt. Ob dabei auch Anführer getötet
worden, ist unklar. Die Gefahr solcher Schläge ist, dass vor allem die Zivilbevölkerung leidet und es zu einer weiteren Entfremdung zwischen Bevölkerung und Regierung im Jemen kommt, die den
Terroristen neuen Zulauf verschafft.
"Das Regime im Jemen ist korrupt und unbeliebt," sagt Guido Steinberg. Vor allem die junge Generation ist unzufrieden mit der Regierung Präsident Ali Abdullah Salihs. Neben der Sicherheit
sollte daher vor allem an der Entwicklung des Landes gearbeitet werden. Die Öleinnahmen des Landes gehen zurück, die Wirtschaft ist jedoch wenig diversifiziert. Arbeitslosigkeit, Armut und
Analphabetismus sind weit verbreitet. "Der Irak war gestern, Afghanistan ist der heutige Krieg und, wenn wir keine Vorkehrungen treffen, dann wird der Jemen der Krieg von Morgen," so der
amerikanische Senator Joseph Liebermann.
arbeitet als freier Autor mit Schwerpunkt Afrika, Lateinamerika und Naher Osten.