In ihre entscheidende Phase ging die "Friedliche Revolution" mit der Kritik des "Neuen Forums" an den gefälschten Wahlergebnissen im Sommer 1989. Im Herbst des gleichen Jahres kam es auch zur Gründung Sozialdemokratischen Partei in der DDR in Schwante.
Zu dieser Zeit wünschten sich jedoch keine der Strömungen der demokratischen Bürgerbewegung die Wiedervereinigung, sondern eine Reform des Sozialismus in der DDR. Sie wollten die Abkehr von stalinistischen Methoden innerhalb von Partei, Staat und Gesellschaft. Die DDR sollte als demokratisch reformierter zweiter deutscher Staat weiter bestehen, mit der Perspektive einer schrittweisen Vereinigung mit der Bundesrepublik.
Wir waren Zeugen des friedlichen Sterbens der DDR.
Die Stimmung in der Bevölkerung jedoch war eine andere: Die große Mehrheit der DDR-Bürger wollte die deutsche Wiedervereinigung. Deshalb gewannen bei den ersten freien Volkskammerwahlen im März 1990 auch die Verfechter der Einheit Deutschlands, zusammen gefasst unter dem Begriff "Allianz für Deutschland".
Diese Allianz war unter der tätigen Mithilfe von Helmut Kohl geschmiedet worden. Sie erreichte 45,14 Prozent die SPD erhielt 21,84 Prozent. Der von vielen erhoffte Sieg der Sozialdemokraten war nicht zustande gekommen, weil in der SPD eben nur sehr zögerlich über die Vereinigung der beiden deutschen Staaten diskutiert wurde. Dieses Ergebnis ersparte der Partei die Blamage, mit Ibrahim Böhme einen Ministerpräsidenten stellen zu dürfen, um ihn danach wegen Stasiverwicklung in die Wüste schicken zu müssen.
Die Blockflöten
Aber immerhin: Unsere politischen Gegner bei dieser Wahl waren immerhin die Stützen des alten Regimes gewesen. Vor allem die PDS als Fortsetzungspartei der SED, aber auch die ehemaligen Blockparteien CDU und LDP, die Blockflöten. Das Bündnis 90 und andere Bürgerbewegungen hatten ohnehin keine Chancen. Nur die SPD war eine von der Vergangenheit unbefleckte, wirklich neue Partei. Sie durfte bei diesen Wahlen zu Recht die Führung im Land ansteuern.
Zum Schluss: Ich habe nie zur großen Politik gehört und mich in jenen Jahren darauf beschränkt, die SPD in meinem Dorf, in Prenden, populär zu machen. Die neuen Leute in der Politik, deren Namen die Presse füllten, betrachtete ich nach wie vor mit einer gewissen Skepsis. Wo kamen sie her? Was hatten sie vorher gemacht? Vor allem, wie war ihr oppositioneller Geist entstanden? Meine Skepsis hatte natürlich auch ihre Ursache in der Enttäuschung aus den fünfziger Jahren in der DDR, als man uns, die wir einen anderen Sozialismus als die SED-Funktionäre wollten, im Regen stehen ließ und wir der DDR-Justiz zum Opfer fielen. Diese Zeiten sind lange vorbei, aber nicht vergessen.