Inland

Hat Pegida-Redner Akif Pirincci Volksverhetzung begangen?

Die Frage, ob der Schriftsteller Akif Pirincci in seiner Rede auf der jüngsten Pegida-Demonstration zu Gewalt gegen Politiker aufgerufen hat, beschäftigt die Staatsanwaltschaft. Doch was genau bedeutet Volksverhetzung überhaupt?
von Christian Rath · 21. Oktober 2015
Pirincci
Pirincci

„Die KZ sind ja leider derzeit außer Betrieb“. Vor allem diese Äußerung des Schriftstellers Akif Pirincci auf der Dresdner Pegida-Demo sorgte für Empörung. Sie bewegt sich zumindest im Grenzbereich der Volksverhetzung. Die Staatsanwaltschaft Dresden ermittelt bereits.

Was genau ist Volksverhetzung?

Als „Volksverhetzung“ werden im Strafgesetzbuch (§ 130) mehrere Delikte zusammengefasst. Bei der klassischen Volksverhetzung geht es um Aufstachelung zum Hass und um die Aufforderung zu Diskriminierung und Gewalt. Selbst die Beschimpfung und Verleumdung ist strafbar, wenn sie zugleich die Menschenwürde angreift, etwa indem Menschen als „Ungeziefer“ bezeichnet werden. Opfer können nicht nur ethnische oder religiöse Gruppen („Afrikaner“ oder „Moslems“) sein, sondern beliebige Teile der Bevölkerung, also zum Beispiel auch „die Politiker“ oder „die Lügenpresse“. Auch Äußerungen über Einzelne, die solchen Gruppen angehören, können volksverhetzend sein.

Später kamen weitere Begehungsformen mit explizitem NS-Bezug hinzu. So ist es seit 1994 als Volksverhetzung auch strafbar, den Holocaust zu leugnen, zu billigen oder zu verharmlosen. Seit 2005 ist darüber hinaus jede Billigung, Verherrlichung oder Rechtfertigung der NS-Herrschaft strafbar. Ziel war damals, ein Verbot der rechten Demos im fränkischen Wunsiedel zu ermöglichen, auf denen der Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß glorifiziert wurde.

Privater Raum ist von der Volksverhetzung ausgenommen

Schutzgut aller Arten der Volksverhetzung ist der „öffentliche Frieden“. Deshalb sind Äußerungen nicht strafbar, wenn sie nur ins private Tagebuch geschrieben werden oder am Küchentisch unter Freunden fallen. Eindeutig strafbar sind aber einschlägige Äußerungen auf Versammlungen, auf Flugblättern oder im frei zugänglichen Internet. Das Strafmaß beträgt je nach Tathandlung bis zu fünf Jahren Haft, meist ist aber auch eine Geldstrafe möglich. Die Staatsanwaltschaft muss von sich aus ermitteln, ein Strafantrag von Betroffenen (wie bei der Beleidigung) ist nicht erforderlich. Es kann auch jeder per Strafanzeige die Staatsanwaltschaft auf eine mutmaßliche Volksverhetzung aufmerksam machen.

Die Äußerung von Pirincci „Die KZ sind ja leider derzeit außer Betrieb“ bezog sich einerseits auf einen CDU-Politiker, der Asylgegnern die Auswanderung aus Deutschland nahelegte, andererseits war in seinem nächsten Satz aber von der „Macht“ die Rede. Sein KZ-Hinweis betraf also wohl alle regierenden Politiker und damit „Teile der Bevölkerung“. Es handelte sich zwar um keine ausdrückliche Aufforderung zur Gewalt, allerdings hat das Oberlandesgericht München eine bedauernde Äußerung über die Schließung der NS-Vernichtungslager bereits 1985 als Volksverhetzung bestraft. Das Modaladverb „leider“ könnte auch eine Bestrafung wegen einer Billigung der NS-Gewaltherrschaft rechtfertigen.

Verlage distanzieren sich von Akif Pirincci

Der Anführer der Dresdner Pegida-Bewegung, Lutz Bachmann, wurde von der Staatsanwaltschaft Anfang Oktober wegen Volksverhetzung angeklagt. Dabei ging es um Facebook-Äußerungen Bachmanns, die im Januar bekannt wurden und zur Spaltung Pegidas führten. Bachmann hatte Asylbewerber als „Dreckspack“, „Viehzeug“ und „Gelumpe“ bezeichnet. Bachmann habe damit Flüchtlinge auf eine Art und Weise beschimpft, die ihre Menschenwürde angriff, so die Staatsanwaltschaft.

Akif Pirincci wiederum bekommt die Folgen seiner öffentlich scharf kritisierten Rede vom Montag bereits jetzt zu spüren. Unter anderem kündigte der Bertelsmann-Verlag alle mit dem Autor bestehenden Verträge und nannte die Äußerungen Pirinccis „inakzeptabel“. Darüber hinaus kündigten die Random-House-Verlage an, Bücher von Pirincci umgehend zu sperren und nicht mehr anzubieten.

Autor*in
Avatar
Christian Rath

ist rechtspolitischer Korrespondent.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare