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Überwachung am Arbeitsplatz? Nicht alles ist erlaubt

Überwachung am Arbeitsplatz ist möglich – aber nicht alles ist erlaubt. Das zeigt der Fall eines gekündigten Webentwicklers aus Castrop-Rauxel, der vor dem Bundesarbeitsgericht verhandelt wurde. Das Urteil: Arbeitgeber dürfen ihre Beschäftigten nur unter bestimmten Bedingungen überwachen.
von Christian Rath · 27. Juli 2017
Tastatureingaben von Beschäftigten dürfen nicht grundlos aufgezeichnet werden, so das Urteil des BAG
Tastatureingaben von Beschäftigten dürfen nicht grundlos aufgezeichnet werden, so das Urteil des BAG

Arbeitgeber dürfen nicht ins Blaue hinein die Computertätigkeit ihrer Beschäftigten überwachen und auswerten. Das entschied jetzt das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt. Es kassierte dabei eine fristlose Kündigung, die auf Informationen beruhte, die mit Hilfe eines so genannten Keyloggers gesammelt wurden. Ein Keylogger ist eine Software, die jede Tastatur-Eingabe an einem Computer registriert.

Kündigungsgrund: Arbeitszeitbetrug

Im konkreten Fall ging es um eine Medienagentur in Castrop-Rauxel, die Apps, Filme und Holographie-Anwendungen produziert. Ein 32-Jähriger war dort seit 2011 als Webentwickler beschäftigt, wurde aber im Mai 2015 wegen „Arbeitszeitbetrugs“ fristlos gekündigt. Er habe in seiner Arbeitszeit für eine andere Firma gearbeitet und ein privates Raumschiff-Computerspiel programmiert.

Der Webentwickler räumte ein, dass er regelmäßig dem Logistikunternehmen seines Vaters bei der Auftragsverwaltung geholfen habe, allerdings nicht mehr als zehn Minuten am Tag. Am Computerspiel habe er nur in den Pausen programmiert oder wenn es Leerlauf bei seinen Aufgaben gab. Seinem Arbeitgeber sei dadurch jedenfalls kein Schaden entstanden.

Die Medienagentur ließ das nicht gelten und rechnete ihm anhand der Keylogger-Daten vor, dass er an manchen Tagen fast nur mit dem Computerspiel beschäftigt war - wenn er nicht gerade Aufträge für seinen
Vater erledigte.

BAG: Keylogger ist „verdeckte“ Überwachung

Die gute Beweislage nutzte dem Unternehmen aber nichts, denn die Daten des Keyloggers sind rechtich nicht verwertbar, wie nun das Bundesarbeitsgericht entschied. Die Beschäftigten eines Unternehmens
dürften nicht ins Blaue hinein mit Keyloggern überwacht werden. Möglich sei ein solcher Einsatz nur, wenn es bereits einen „auf den Arbeitnehmer bezogenen, durch konkrete Tatsachen begründeten Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung“ gibt. Das BAG berief sich dabei auf eine Regelung im Bundesdatenschutzgesetz (§ 32).

Das BAG wertete den Einsatz des Keyloggers als „verdeckte“ Überwachung. Zwar hatte die Firma nach Einführung eines neuen Highspeed-Internet-Netzwerkes angekündigt, dass nun der „gesamte Internet-Traffic“ und die Benutzung der Systeme „mitgeloggt“ werde. Dass dabei aber jede einzelne Tastatureingabe erfasst wird, sei nicht klar gewesen. Ob der offene Einsatz von Keyloggern erlaubt wäre, musste in
diesem Verfahren nicht geklärt werden.

Der Webentwickler kann nun wieder für die Medienagentur arbeiten. Denn die von ihm eingeräumten Privattätigkeiten genügten nicht für eine fristlose Kündigung, so das BAG. Schließlich sei er zuvor nicht
abgemahnt worden.

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Christian Rath

ist rechtspolitischer Korrespondent.

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