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Krim-Annexion: Warum sich der Kreml über FDP-Chef Lindner freuen dürfte

Mit der Forderung nach einem Neustart in der Beziehung zu Russland versucht FDP-Chef Christian Lindner Wählerstimmen abzuschöpfen - auf Kosten der europäischen Werte. Ein Kommentar
von Fabian Schweyher · 7. August 2017
FDP-Chef Christian Lindner
FDP-Chef Christian Lindner

Die FDP hat sich demokratischen Werten wie den Freiheitsrechten verpflichtet. Doch wenn es Wählerstimmen billig zu gewinnen gibt, wirft Parteichef Christian Lindner die Prinzipien kurzerhand über Bord. Das hat er mit seiner Forderung nach einem „Neustart“ in der Beziehung zu Russland bewiesen.

Nachsicht um jeden Preis

Das Verhältnis zu dem Land müsse in Bewegung kommen, sagte der 38-Jährige in einem Interview, das er während eines Mallorca-Urlaubs gab. Deswegen solle die annektierte Krim als Streitthema ausgeklammert werden. Die Halbinsel bezeichnete er als ein „dauerhaftes Provisorium“. Hinsichtlich der Ostukraine sollten die Sanktionen bei Fortschritten beim Minsker Friedensabkommen gelockert werden.

Mit dieser Ansicht reiht sich Lindner ein in die Phalanx derjenigen, die gebetsmühlenartig für Nachsicht mit Russland eintreten – egal, was der Herrscher im Kreml auch anstellt. Eine Meinung, die nicht nur bei Linkspartei und AfD Anhänger findet.

Ukraine als Vorhof

Das Problem: Ausgerechnet der Chef der Freien Demokraten trägt dazu bei, dass die gewaltsame Verschiebung von Grenzen und der Bruch des Völkerrechts zu Kavaliersdelikten verkommen.

Wenn Lindner von einem „Wandel durch Annäherung“ mit Verweis auf die deutsche Ostpolitik schwadroniert, hat dies mit der Realität wenig gemein. Dasselbe gilt für Lindners Forderung nach Angeboten, mit denen Putin ohne Gesichtsverlust seine Politik korrigieren könne. Russland ist nicht die Sowjetunion. Und der Kreml hat keinerlei Interesse an einem Entgegenkommen – weder auf der Krim, noch in der Ostukraine.

Brüchige Einigkeit

Russland betrachtet das Land als seinen Vorhof. Eine stabile Ukraine, die sich weiter dem Westen zuwenden könnte, muss für Putin ein Unding sein. Entsprechend hält der Kreml den Stachel in der Wunde des einstigen Brudervolkes – mit einem ständigen Strom an Truppen und Ausrüstung in die Separatistengebiete um Donezk und Luhansk.

Seinen Einfluss für eine Umsetzung des Minsker Abkommens hat der Kreml bislang nicht geltend gemacht. Warum auch? Schließlich wird die Einigkeit der Europäer in der Frage der Sanktionen immer brüchiger. Christian Lindners Neujustierung dürfte den Kreml daher freuen. Der Kreml kann daraus nur einen Schluss ziehen: Gewalt lohnt sich eben doch. An dieser Sichtweise hat der FDP-Chef seinen Anteil.

Autor*in
Fabian Schweyher

ist Redakteur des vorwärts.

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