Wirtschaftsausblick auf 2021: Alles wird gut – soweit
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Mit der Impfung keimt die Hoffnung, dass die Corona Pandemie bald beherrscht sein wird und sich allmählich ihrem Ende entgegen neigt. Das ist ein großer medizinischer Erfolg, der auch die Wirtschaft beflügeln wird.
Der wirtschaftliche Impuls geht jedoch weit über die Wiederöffnung der im Lockdown geschlossenen Geschäfte und Restaurants hinaus. Globale Lieferketten, die durch die Pandemie immer wieder gefährdet waren, stabilisieren sich und geben dem Außenhandel einen kräftigen Schub. Vor allem aber sollte die Binnenwirtschaft zum tragenden Pfeiler eines dynamischen Aufschwungs werden. Der wiederholte Lockdown hat dazu geführt, dass die privaten Haushalte in ihren Konsummöglichkeiten teilweise schmerzlich beschränkt wurden. Zwar wichen die Verbraucher*innen vermehrt auf den Online-Handel aus, jedoch vermochte dies den weitgehend verhinderten Zugang zum stationären Handel, zur Gastronomie oder zu Kulturveranstaltungen bei weitem nicht vollständig zu ersetzen. Mit anderen Worten, es wurde gespart.
Ein Schub vom privaten Konsum
Es sind diese Ersparnisse, die im Laufe dieses Jahres zumindest teilweise wieder auf den Markt fließen und den Konsum markant nach oben treiben dürften. So prognostiziert das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) einen Anstieg des privaten Verbrauchs im Jahr 2021 um fünf Prozent und selbst das etwas skeptischere Ifo-Institut sieht einen Zuwachs von 4,5 Prozent voraus. Ein solcher Schub strahlt auf die ganze Wirtschaft aus und führt vor allem dazu, dass die Beschäftigung trotz der außergewöhnlich massiven Belastungen durch die Krise gehalten werden kann und die Arbeitslosigkeit anders als in vielen anderen Ländern nur relativ geringfügig ansteigt. Dies ist fast ein Wunder.
Der tiefere Grund hierfür ist allerdings kein Zauberwerk, sondern Ergebnis einer tragfähigen und durchdachten wirtschaftspolitischen Strategie staatlicher Stabilisierung. Die rasche Unterstützung betroffener Unternehmen, die ausgeweitete Kurzarbeit und die weitreichende Konjunkturstimulanz im Inland und der EU haben nicht nur unmittelbar Unternehmen über Wasser und Menschen in Beschäftigung gehalten, sondern sie haben in diesem Meer an Unsicherheit in der Pandemie ein Mindestmaß an wirtschaftlichem Vertrauen erzeugt, das allen statt lähmender Depression Schwung für eine markante Erholung in diesem Jahr verleiht. Dies wird man in künftigen Büchern zur Wirtschaftsgeschichte zu würdigen wissen.
Große Herausforderungen für Unternehmen und Beschäftigte
Doch bei allem berechtigten Stolz hierauf hat die Krise auch deutlich gemacht, vor welch großen Herausforderungen Unternehmen, ihre Beschäftigten und auch die staatliche Instanzen in naher Zukunft stehen. Die globale Wirtschaft steht vor einem gewaltigen Umbau. Gefordert ist ein Durchdenken sämtlicher Produktionsprozesse unter dem Blickwickel digitaler und ökologisch nachhaltiger Technologien. Dies wird zu spürbaren Veränderungen von Tätigkeiten und der Beschäftigungsverhältnisse führen. Das erzeugt gleichfalls Unsicherheit und Sorgen um Beschäftigung und Einkommen, denen sich eine gesamtwirtschaftlich orientierte Wirtschaftspolitik widmen muss.
Ihre Aufgabe ist, den Wandel anzutreiben und abzusichern. Die Politik ist also doppelt gefordert. Auf der einen Seite muss sie Anreize, Regulierungen und die gesamtwirtschaftlich Nachfrage so gestalten, dass die erforderlichen technologischen Veränderungen für Unternehmen wie private Haushalte lohnend sind. Im Ansatz wird dies bereits im Rahmen der Rettungspakete während der Corona Krise praktiziert. Auf der anderen Seite muss sie dafür sorgen, dass alle an diesem Wandel teilhaben. Das gilt sowohl im Hinblick auf seine Gestaltung als auch dessen Früchte, die gerecht verteilt werden müssen. Nur so lässt die sich z.B. die seit gut einem Jahrzehnt verfestigte Ungleichheit mildern.
Der Staat muss als unternehmerischer Staat handeln
Der Druck auf die staatlichen Instanzen und ihre politischen Vertreter*innen, den notwendigen Wandel zu gestalten, wird sich also in den kommenden Jahren verstärken. Um diese Herausforderungen bestehen zu können, muss sich nicht nur in der Wirtschaftspolitik ein neues Verständnis von staatlichem Handeln etablieren. Der Staat muss in Zukunft als unternehmerischer Staat handeln, als ein Unternehmen im Dienst politischer Ziele: flexibel, unbürokratisch und vorausschauend. Das wiederum führt auf das weite Feld einer Reform und Stärkung des öffentlichen Dienstes. Wenn dies jedoch alles gelingt, dann wird nicht nur dieses Jahr gut.
ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Duisburg-Essen. Er gründete und war von 2005 bis 2019 wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung.