Meinung

Was bringen die geplanten Steuerentlastungen von Christian Lindner?

Bundesfinanzminister Christian Lindner verspricht Steuerentlastungen in Höhe von 30 Milliarden Euro. Die EEG-Umlage soll abgeschafft, Unternehmenssteuern gesenkt werden. Doch man könnte das Geld noch besser einsetzen.
von Gustav Horn · 10. Januar 2022

Bald gibt es mehr Geld. Das verspricht der Bundesfinanzminister für das kommende Jahr. Er will die EEG Umlage, mit der derzeit der Umstieg auf erneuerbare Energien  subventioniert wird, abschaffen. Ebenso will er Unternehmen bei ihrer Steuerklärung die Möglichkeit einräumen, Verluste, die sie in der Corona Pandemie erlitten haben, mit Gewinnen aus den Vorjahren zu verrechnen. Das könnte für diese 2023 zu einer massiven Steuerersparnis führen. Insgesamt sollen diese Vorhaben den Staat 30 Mrd.Euro kosten. Die Vorgaben der Schuldenbremse sollen nächstes Jahr trotzdem eingehalten werden.

EEG-Umlage abschaffen entlastet niedrige Einkommen

Das klingt alles sehr sinnvoll, aber ist es das auch? Werden durch diese Maßnahmen Beschäftigung und der Umstieg auf eine nachhaltige Produktion gefördert oder besteht die Möglichkeit, mit einer anderen Verwendung der Mittel, bessere Resultate zu erzielen. 

Die Abschaffung der EEG Umlage steht so im Koalitionsvertrag und wird von allen Regierungsparteien seit längerem gefordert. Tatsächlich hatte die EEG Umlage in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass die Strompreise spürbar gestiegen sind.  Zusammen mit dem jüngsten massiven Preisanstieg auf dem Strommarkt stellt dies eine erhebliche Belastung für Haushalte mit niedrigem Einkommen dar. Schon deshalb ist jede Entlastung willkommen. Sie ist zudem sozial gerecht und stärkt die Kaufkraft von Haushalten, die dies besonders nötig haben. Das ist für die Beschäftigungsdynamik  eindeutig von Vorteil.

.. und fördert die Energiewende

In Kombination mit der immer weiter steigenden CO2 Abgabe, kommt noch ein anderer Effekt hinzu. Die Abschaffung der EEG verbilligt mit erneuerbaren Energien erzeugten Strom immer weiter im Verhältnis zu konventionellem Strom, der durch die höhere Abgabe teurer wird und macht daher den Umstieg auf Ökostrom attraktiver. Die Abschaffung beschleunigt daher die Energiewende, was letztlich zum Nutzen aller ist.

Weitaus weniger klar ist der Nutzen der Unternehmenssteuersenkung. Zum einen geht es der Wirtschaft in Deutschland gut bis sehr gut. Sie bedarf insgesamt keiner Steuersenkungen. In einigen Bereichen wie der Gastronomie, dem stationären Einzelhandel und bei Kulturveranstaltern gibt es sicherlich noch zum Teil gravierende Probleme. Diese können aber in der Regel steuerlich nicht aufgefangen werden, sondern bedürfen einer direkten Unterstützung wie dies in den verschiedenen Pandemiewellen bereits immer wieder geschehen ist. Insofern schaden diese Steuersenkungen unmittelbar zwar nicht, mögen in Einzelfällen auch hilfreich sein, aber ihr Nutzen ist begrenzt. 

Verwendung von Finanzmitteln doppelt prüfen         

Man könnte das Geld aber noch besser nutzen. Gerade wenn die finanziellen Begrenzungen durch die Schuldenbremse wieder eingehalten werden sollen, ist die Verwendung von Finanzmitteln doppelt sorgfältig zu prüfen. Die starken Preissteigerungen vor allem für  Energie werden ja durch die Abschaffung der EEG Umlage bei weitem nicht vollständig aufgefangen. Deshalb sollte man in diese Richtung noch mehr tun. Wenn die FDP so großen Wert auf Steuersenkungen legt, könnte man den Grundfreibetrag bei der Einkommenssteuer entsprechend stärker anheben und damit vor allem vielen Niedrigverdiener noch etwas stärker entlasten.

Niedrige Einkommen mehr entlasten

Noch gezielter wäre ein Vorziehen der in den kommenden Jahren zu erwartenden höheren Anpassungen des Hartz IV Regelsatzes bzw. der Grundsicherung im Alter. Dieser reagiert nämlich nur sehr  verzögert auf die steigende Inflationsrate. Das bringt gerade arme Haushalte noch stärker in Not. Denn die Kosten für Strom steigen bereits heute und nicht erst in der Zukunft, wenn die höheren Preise regulär berücksichtigt werden. Eine erhöhte Kaufkraft dieser Haushalt wäre zudem auch ein positiver Impuls für die Konjunktur. Zugleich dürfte sie die Akzeptanz der ja unbedingt notwendigen Energiewende erhöhen.

In dieser Zeit der Umwälzungen und Unsicherheiten ist es besonders wichtig alle mitzunehmen. Das erfordert eine Wirtschaft, in der jeder gut bezahlte Arbeit finden kann und in der es sozial gerecht zugeht. Deshalb ist es wichtig, die knappen Steuergelder dort einzusetzen, wo sie am meisten Nutzen in dieser Hinsicht erzeugen. Unternehmenssteuersenkungen gehören nicht dazu. 

Alle Texte der Sozen-Wirtschaft von Gustav Horn gibt es hier.

Autor*in
Avatar
Gustav Horn

ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Duisburg-Essen. Er gründete und war von 2005 bis 2019 wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare