Warum sich die SPD für eine feministische Außenpolitik starkmachen muss
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Feministische Außenpolitik: Schweden, Mexiko und Kanada machen es vor, Frankreich und Großbritannien arbeiten an ihren eigenen Entwürfen. In Deutschland dagegen herrscht gähnende Leere. Ein Antrag der Grünen mit dem Titel „Feministische Außenpolitik konsequent umsetzen“ wurde Anfang 2019 im Bundestag abgelehnt.
Dabei sprechen die Fakten für sich. Frauen und Mädchen sind weltweit noch immer viel häufiger von extremer Armut, Diskriminierung und als Opfer von Gewalt betroffen als Männer. Ein Blick in das Nachbarland Polen zeigt, wie die Rechte der Frau weltweit unter dem Druck konservativer Kräfte immer mehr gebrochen werden.
Feminismus ist mehr als Gleichstellungspolitik
Die SPD hat in ihrer Geschichte viel für Frauen erreicht. Doch das bedeutet auch eine Verpflichtung für die Zukunft. Eine neue Genration junger Frauen nennt sich auch deshalb feministisch, weil Feminismus mehr ist als Gleichstellungspolitik. „Feministische Außenpolitik“ umfasst in diesem Sinne die Verteidigung universeller Menschenrechte und die Beseitigung wirtschaftlicher Ungerechtigkeit.
Ein wichtiger, oft betonter Kern ist die Ausarbeitung, Umsetzung und Auswertung des Nationalen Aktionsplans für die Resolution 1325 der Vereinten Nationen („Frauen, Frieden, Sicherheit“). Denn Feministische Außenpolitik ist auch ein Gegenpol zu Despotenherrschaft, zu Eskalation und männlicher Dominanz.
Feministische Außenpolitik bezeichnet aus diesem Grund, allem voran, einen normativen Strategieansatz. Die bisher eingeführten Konzepte anderer Staaten zeigen, dass der Begriff keinesfalls klar definiert ist: So beruft sich Schweden auf die drei Schlagwörter „Rechte, Repräsentation und Ressourcen“, während Mexiko Anfang des Jahres seine Version einer feministischen Außenpolitik an fünf „Prinzipien“ orientierte, die vor allem auf die Reform des mexikanischen Außenministeriums abzielten.
Wie ein SPD-Konzept für feministische Außenpolitik aussehen kann
Was alle bisher entworfenen Ansätze aber gemeinsam haben: das Ziel der Verschiebung global existierender Machtverhältnisse in Richtung der Benachteiligten und Unterrepräsentierten – sozialdemokratische Kernthemen also. Und damit ein wichtiger Ansatz, den sich die deutschen Sozialdemokrat*innen auch angesichts der immer näher rückenden Bundestagswahlen strategisch zu eigen machen sollten. Dies gilt insbesondere in einer Zeit des globalen Aufruhrs und einer Pandemie, die globale Ungleichheiten schmerzhaft ans Licht bringt.
Wie aber könnte ein Konzept der SPD für eine feministische Außenpolitik aussehen? Sie kann und sollte sich in jedem Fall an existierenden Konzepten orientieren. Aber sie sollte gleichzeitig auch distinkt sozialdemokratisch sein, sich mit globaler Einkommens- und Vermögensverteilung und nachhaltigem Handel beschäftigen.
Feminismus statt Patriarchat
Die Entwicklung einer eigenen Feministischen Außenpolitik könnte der SPD auch die Gelegenheit geben, Themen für sich neu zu besetzen, und ihr Profil zu schärfen; beispielsweise in den Bereichen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Nach wie vor fehlen der Partei eigene, strategisch langfristige Konzepte für immer drängender werdende Fragen wie den Erhalt der globalen Rüstungskontrolle, den Umgang mit künstlicher Intelligenz und anderer moderner Technologien im Rüstungsbereich, und die von vielen geforderte „Europäisierung der Sicherheitspolitik“.
Auch institutionell tut die deutsche Außenpolitik in Deutschland gut daran, statt „Patriachat“ gezielt den „Feminismus“ zu verfolgen – wie zuletzt auch von Staatsminister Niels Annen gefordert.
Deutsche Außenpolitik machen Männer
In den 150 Jahren seiner Existenz wurde das Auswärtige Amt noch nie von einer Frau geführt, auch nicht wenn die SPD den Außenminister stellte. Das Auswärtige Amt ist bundesweit nach wie vor Schlusslicht bei Frauen in Führungspositionen. Und auch in diesem Jahr weist die neu eingestellte „Crew“ im höheren Dienst mehr Jungdiplomaten als Jungdiplomatinnen auf.
Im Bundestag sieht es wenig anders aus: alle Arbeitsgruppen der Fraktion mit außenpolitischem Bezug haben männliche Sprecher. Der Stellenwert, den Gleichstellung innerhalb einer Institution einnimmt, spiegelt sich auch immer in den für sie gewählten Repräsentant*innen wider. In der sozialdemokratischen Außenpolitik sind diese, wie fast überall, weiß und männlich.
Um Geschlechtergerechtigkeit zu erwirken, braucht es einen inhaltlichen und institutionellen Paradigmenwechsel. Dies ist originäre Aufgabe der SPD. Die Berliner SPD hat hier einen ersten Schritt gemacht und ihren Fachausschuss Internationales mit einer weiblichen Doppelspitze besetzt. Neben den Jusos ist das bundesweit einmalig und trägt dazu bei, ein neues Profil für die sozialdemokratischen Außenpolitik zu entwickeln.
Der Text gibt die private Meinung der Autorinnen wieder.
ist Vorsitzende des Fachausschusses für Internationale Politik, Frieden und Entwicklung der SPD Berlin.