Warum Kinderrechte ins Grundgesetz gehören
Ute Grabowsky/photothek.net
Seit 1992 ist die UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland ratifiziert. So alt ist auch die Debatte, Kinderrechte in allen Gesetzen, also auch im Grundgesetz, zu verankern. Eine 30-jährige Diskussion kann nun an ein glückliches Ziel gebracht werden. Im Januar haben wir einen mit den Koalitionspartnern geeinten Formulierungsvorschlag im Kabinett der Bundesregierung beschlossen und machen damit endlich den Weg frei für die parlamentarische Mehrheitsfindung. Ein Danke an alle, die einen sehr langen Atem hatten und das Ziel fest vor Augen: Verbände, Vereine, Einzelkämpferinnen und Einzelkämpfer und selbstverständlich die Sozialdemokratie.
Für weitere Verbesserungen streiten
Doch damit sind wir nicht am Ende des Weges. Weitergehende Forderungen zu der Formulierung stehen bereits im Raum. Wir als Sozialdemokrat*innen werden gemeinsam mit den Verbänden und Engagierten für weitere Verbesserungen streiten.
Kinder haben einen eigenen Kopf, eigene Bedürfnisse, eigene Lebenserfahrungen, eigene Sorgen und Nöte, eigene Sichtweisen – Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Sie können sich ihre Rechte aber nicht selbst gewähren. Dafür sind wir alle gefordert: Kinder benötigen Schutz, Beteiligung und Förderung von uns Erwachsenen, um sich zu der Person entwickeln zu können, die sie in sich sehen.
Die Verankerung der Kinderrechte in unserer Verfassung ist ein wichtiger Schritt. Vom Recht auf Schutz vor Gewalt, über das Recht auf Bildung bis hin zum Recht auf die eigene Identität. Kinder haben spezifische Bedürfnisse, die es auch rechtlich zu verankern gilt.
Kinderrechte sind keine Symbolpolitik
Oft wird den Befürwortern der Verankerung von Kinderrechten vorgeworfen: „Das ist nur Symbolpolitik!“. Das ist nicht richtig. Mit der Verankerung im Grundgesetz erreichen wir, dass sich Kinderrechte auf Augenhöhe mit anderen Gesetzen wie beispielsweise dem Datenschutz befinden. Sie werden einklagbar.
Es ist wichtig, dass die Rechte der Kinder für alle sichtbar gemacht werden. Mit explizit formulierten Kinderrechten wird Gerichten, Verwaltungen und Gesetzgebern verdeutlicht, welch hohe Bedeutung Kinder und ihre Rechte haben. Und sie werden für alle angehenden Jurist*innen und Verwaltungsfachmenschen Lehrinhalt im Studium und der Ausbildungen. Jede*r hat sich dann mit Kinderrechten befasst kann selbstverständlicher im „best interesst of the child“ entscheiden.
Kinder müssen beteiligt werden
Eltern haben höchstes Interesse daran, dass wir ihnen als Politik wie auch als Gesellschaft zur Seite stehen und Bedingungen schaffen, die für den bestmöglichen Schutz und für die Förderung und Beteiligung ihrer Kinder sorgen. Wir stärken die Position der Eltern gegenüber staatlichem Handeln, wenn sie im Sinne ihrer Kinder deren Rechte einfordern und zur Geltung bringen. Nur im Konfliktfall – wenn also Eltern ihre Kinder gefährden – greift das Wächteramt des Staates. An diesem Verantwortungsdreieck ändert sich auch in Zukunft nichts.
Oft wird über Kinder gesprochen, aber nicht mit ihnen. Mit dem Kompetenzzentrum „Jugend Check“ hat die Bundesregierung 2017 einen wichtigen Schritt getan, um die Interessen von Kindern und Jugendlichen im Gesetzgebungsprozess zu wahren. Aber das ist nur ein Schritt. Denn Kinder müssen an alltäglichen Dingen beteiligt werden, damit sie lernen, dass sie eine Stimme haben und diese auch gehört wird.
Das Recht auf Förderung
Sollte ihnen etwas Negatives widerfahren, vertrauen sie sich anderen Erwachsenen umso eher an, je mehr sie gelernt haben und darauf vertrauen können, dass ihre Stimme wirkungsvoll gehört wird, ihnen geglaubt wird und sie ihre Situation beeinflussen können.
Das Recht auf Förderung ist für Kinder und ihre Familien oft ein unterschätztes Recht. Damit wird klargestellt, dass Kinder das Recht auf die Gewährleistung von Grundbedürfnissen und besonderen Bedarfen im Hinblick auf Gesundheit, Ernährung, Bildung, der persönlichen Identität und von gebührlichen Lebensbedingungen haben.
Das Konzept der sozialdemokratischen Kindergrundsicherung oder des sozialdemokratischen Grundsatzes, dass alle Kinder bestmögliche Bildungschancen haben, kann damit in der Diskussion und Umsetzung an Wahrnehmung und Wertigkeit gewinnen.
Zweidrittelmehrheit nötig
Nach zähem Ringen ist es uns mit Justizministerin Christine Lambrecht und Familienministerin Franziska Giffey gelungen, den Knoten zu zerschlagen. Als Sozialdemokrat*innen hätten wir uns noch mehr vorstellen können. Allerdings war mit unserem Koalitionspartner schon diese Formulierung sehr schwer zu erzielen.
Nun wird diese in das parlamentarische Verfahren gehen. In Bundestag und Bundesrat ist eine Zweidrittelmehrheit nötig. Das Presseecho zeigte, dass wir mit der Opposition und unserem Koalitionspartner schwere Verhandlungen führen werden. Als SPD sind wir dazu bereit und freuen uns auf die parlamentarische und gesellschaftliche Debatte. Wir wollen die beste Lösung finden im Sinne aller Kinder und deren Familien in unserem Land.