Warum die SPD mehr „Feministische Wehrhaftigkeit“ wagen sollte
IMAGO/Karina Hessland
Die Kommission Internationale Politik hat in ihrem Positionspapier zur sicherheitspolitischen Zeitenwende „Sozialdemokratische Antworten auf eine Welt im Umbruch“ formuliert. Zwar wird die Wichtigkeit der internationalen Verantwortungsübernahme Deutschlands – auch militärisch – betont und ein Bekenntnis zur Feministischen Außenpolitik ist enthalten. Dennoch muss vertieft werden, wie sich Feminismus in militärischen Strukturen verankern lässt und warum Feminismus und Wehrhaftigkeit in der Sozialdemokratie radikal zusammen gedacht werden müssen.
Die Bundeswehr muss sensibilisiert werden
Der Russische Angriffskrieg auf die Ukraine ist ein antifeministischer Krieg. Er basiert auf einem zutiefst patriarchalen Weltbild, welches Gewalt legitimiert und in dem das Recht des Stärkeren gilt. Frauen, Kinder und Angehörige der LGBTQIA* Community sind als vulnerabelste Gruppen das Ziel extrem enthemmter Formen der Sexualisierten Gewalt und Folter. Diese dient der Demoralisierung, Traumatisierung und damit Zersetzung gesunder Gesellschaftsstrukturen über Generationen hinweg. Ohne militärische Mittel ist dieser Gewalt nur wenig entgegen zu setzen.
Die Kommission Internationale Politik betont, dass die Unverletzlichkeit unserer Grenzen ob dieses Bruchs mit der Internationalen Ordnung glaubhaft militärisch abgesichert werden muss. Klar sein sollte aber auch, dass die Bundeswehr selbst auf den Umgang mit den genannten Gewaltformen vorbereitet sein muss. In Bezug auf Strukturelle Gewalt und Intersektionalität muss sensibilisiert werden, nicht zuletzt muss das Prinzip des Minderheitenschutzes, des Schutzes vor Sexualisierter Gewalt über das Prinzip der Inneren Führung in der Bundeswehr konsequent und selbstverständlich umgesetzt werden.
Gerade erst hat die Wehrbeauftragte Eva Högl im Bundestag über das fortdauernde Problem von sexuellen Übergriffen in der Bundeswehr berichtet, das weiterhin insbesondere Frauen von diesem Berufswunsch abhält, in der Karriere behindert und so strukturell benachteiligt. Das führt zu nicht auszugleichenden Personalproblemen.
Konsequenzen für eine mögliche Wehrpflicht
Es braucht verstärkte Diversifizierung in sicherheitsrelevanten Spitzenpositionen. Vor allem im Verteidigungssektor ist Multiperspektivität, die zu besseren Urteilen und Entscheidungen beiträgt, enorm wichtig. Die Sozialdemokratie muss dafür Sorge tragen, dass FINTA* Personen, BiPoc sowie Menschen mit Behinderung in diesem Bereich Verwendung finden. Es bietet sich gezielter Aufbau sozialdemokratischer FINTA* an, die zu Verteidigungsthemen arbeiten oder selbst aktiv in den Streitkräften sind, um zukünftig nicht mehr mit mangelnder Qualifikation argumentieren zu müssen. Dies bezieht auch eine eventuelle Wiedereinsetzung der Wehrpflicht mit ein, welche folgerichtig alle Geschlechter berücksichtigen müsste.
Feministische Wehrhaftigkeit bedeutet in diesem Sinne, dass die Bundeswehr als Parlamentsarmee so divers ist, wie die Gesellschaft, die sie verteidigen soll. Dafür muss sie ein sicherer Raum für marginalisierte Gruppen sein, faire Chancen bieten und insbesondere FINTA* Personen ermöglichen, ohne strukturelle Benachteiligung die große Verantwortung für unsere Sicherheit zu übernehmen. Gegen imperiale, menschenrechtswidrige Bestrebungen zur Abschaffung der „Stärke des Rechts“ in den Internationalen Beziehungen muss unsere sozialdemokratische, verteidigungspolitische Antwort eine feministische sein, um unsere Standfestigkeit gegen äußere Bedrohungen nachhaltig zu sichern.
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ist Mitglied im Netzwerk SPD.Klima.Gerecht, das Klimaaktivist*innen in der SPD vereint, sowie im Netzwerk „Feministische Außenpolitik“.