Warum die Erhöhung des Mindestlohnes richtig ist – aber nicht reicht
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Der Mindestlohn wird erhöht. Das ist erstmal eine gute Nachricht. Sie zeigt, dass sich die von der Politik unabhängige Mindestlohn-Kommission aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern nicht hat beeindrucken lassen von abstrusen Forderungen nach einer Senkung des Mindestlohnes angesichts der schwierigen Lage von Unternehmen in der Corona-Krise.
Mehr wäre besser gewesen
Diese Argumentation ist übrigens die gleiche und genauso falsch wie die, mit der der Mindestlohn vor seiner Einführung in Deutschland als wirtschafts- und unternehmensschädigendes Teufelszeug massiv bekämpft wurde. Wider besseren Wissens. Denn Länder wie Frankreich, wo der dortige „SMIC“ deutlich höher liegt als der deutsche Mindestlohn, haben über Jahrzehnte diese Erfahrungen nicht gemacht.
Dennoch wäre bei der aktuellen Entscheidung der Mindestlohn-Kommission mehr besser gewesen. Zum einen ökonomisch. Wenn der Staat mit zahlreichen Maßnahmen wie Mehrwertsteuersenkung, Kinderbonus und anderen die Wirtschaft ankurbeln will, hätte eine deutliche Erhöhung des Mindestlohnes einen ähnlichen Effekt. Denn auch ein wirklich höherer Mindestlohn würde Nachfrage und Konsum ankurbeln und der Wirtschaft helfen, wieder an Fahrt zu gewinnen.
Von Applaus kann nienmand besser leben
Zum anderen hätte die Entscheidung für einen deutlichen Anstieg des Mindestlohnes auch gerade denen Wertschätzung gezollt, die wir in der Hoch-Zeit der Corona-Krise als „Heldinnen und Helden des Alltages“ beklatscht haben. Aber vom Applaus können die Kassierer*innen oder Pfleger*innen nicht besser leben und nicht mehr kaufen.
SPD-Politiker*innen, allen voran der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, haben deutlich gemacht, dass ihnen die aktuelle Erhöhung im Interesse der Arbeitnehmer*innen nicht reicht. Olaf Scholz hat schon vor langem einen Mindestlohn von 12 Euro vorgeschlagen und die SPD ist sich an dieser Stelle einig. Das zeigt auch ein Beschluss des jüngsten Parteitages, wonach der Mindestlohn perspektiv auf 12 Euro angehoben werden soll.
Die SPD kämpft – seit Jahren
Wieder einmal wird also die SPD – so wie sie für Einführung des Mindestlohnes über Jahre gekämpft hat – sich auch konsequent dafür einsetzen, dass dieser nun in vernünftiger und wirtschaftlich sinnvoller Größenordnung bezahlt wird. Bisher liegt er bei lediglich 46 Prozent des Durchschnittseinkommens, 60 Prozent des Medianlohns gibt die Parteivorsitzende Saskia Esken als Ziel an.
Hubertus Heil jedenfalls will für die Evaluierung des Mindestlohngesetzes im Herbst „eine weitere Leitplanke“ prüfen, so dass die Kommission sich nicht länger so massiv an der allgemeine Lohnentwicklung orientieren muss, sondern mehr Spielraum bei ihrer Entscheidung hat. Denn 2023 – da war Heil unmissverständlich – soll der Mindestlohn nach dem Willen der Sozialdemokrat*innen auf jeden Fall auf mindestens 12 Euro die Stunde angehoben werden.
Davon profitieren dann alle: Die Arbeitnehmer*innen, die Wirtschaft und, bitte nicht vergessen, auch die Sozialkassen!
ist Chefredakteurin des "vorwärts" und der DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik sowie Geschäftsführerin des Berliner vorwärts-Verlags.