Meinung

US-Präsidentschaftswahl: Ein großer Sieg der Demokratie

Fast drei Tage nach der Präsidentschaftswahl in den USA steht noch immer nicht fest, wer künftig im Weißen Haus regiert. Dabei ist ein Sieger trotz der Hängepartie bereits gewiss: die Demokratie in den Vereinigten Staaten von Amerika.
von Jonas Jordan · 6. November 2020
So viele Menschen wie nie zuvor haben bei der Präsidentschaftswahl in den USA abgestimmt.
So viele Menschen wie nie zuvor haben bei der Präsidentschaftswahl in den USA abgestimmt.

„Make America great again“, hatte Donald Trump vor vier Jahren versprochen. Und die Führungsposition gelang – zumindest mit Blick auf die Corona-Zahlen in den USA. Knapp zehn Millionen Menschen haben sich bislang landesweit mit Covid-19 infiziert. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie war von Vornherein klar, dass es eine historische Aufgabe sein würde, die Präsidentschaftswahlen regulär durchzuführen. Schon jetzt ist klar: Sie gelang.

Obamas Rekord gleich zweimal gebrochen

Denn noch nie in der Geschichte der Demokratie haben sich in den USA mehr Menschen an einer Präsidentschaftswahl beteiligt. Bislang hielt Barack Obama einen historischen Rekord. 2008 stimmten rund 69,5 Millionen Wähler*innen für den Demokraten. Noch bevor alle Stimmen ausgezählt sind, ist dieser Rekord bereits gebrochen – von beiden Kandidaten. Am Wahltag bildeten sich lange Schlangen vor den Wahllokalen. Die Lust der Amerikaner*innen auf Demokratie scheint groß wie nie zuvor.

Das Ergebnis ist eine schier unfassbare Zitterpartie. Spannender als jedes Pferderennen. Zum Zeitpunkt dieses Kommentars sind beispielsweise in Georgia mehr als 98 Prozent der Stimmen ausgezählt. Für beide Kandidaten haben mehr als 2,4 Millionen Menschen gestimmt. Joe Biden liegt derzeit hauchdünn vorn. Oft wird im Zusammenhang von Wahlen die Floskel „Jede Stimme zählt“ bemüht. Nie war sie zutreffender.

Zehnmal so viele Briefwähler*innen

Es mag aus deutscher Perspektive irritierend erscheinen, dass sich die Auszählung über mehrere Tage hinzieht. Auch für US-amerikanische Verhältnisse ist das eine neue Dimension, mal abgesehen vom Wahlchaos in Florida im Jahr 2000. Doch sie ist auch das Ergebnis eines enorm gestiegenen Wunsches nach Beteiligung. Im potenziell entscheidenden Bundesstaat Pennsylvania haben beispielsweise zum Teil mehr als zehnmal so viele Menschen per Briefwahl abgestimmt als noch vor vier Jahren.

Es ist erschreckend, wenn in jenen Bundesstaaten, in denen die Auszählung andauert, bewaffnete Gruppen vor die Wahllokale ziehen und deren Stopp fordern. Aufgewiegelt von einem fanatischen Präsidenten. Doch die gute Nachricht: Es ändert sich dadurch rein gar nichts am Ergebnis. Alle Stimmen sind abgegeben. Sie müssen nur noch ausgezählt werden. Das dauert. Aber trotzdem oder gerade deswegen steht bereits jetzt fest: Gewonnen hat in jedem Fall die Demokratie.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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