Meinung

TV-Triell: Endlich mal ein Termin, den Laschet nicht absagt

Am Sonntag treffen Olaf Scholz, Annalena Baerbock und Armin Laschet im zweiten Triell aufeinander. Das Publikum hat Glück. Denn der Kanzlerkandidat der Union sagt derzeit viele Termine ab.
von Benedikt Dittrich · 27. August 2021
Ob Pro7, Rezo oder Verdi: Die Absagen von Armin Laschet häufen sich.
Ob Pro7, Rezo oder Verdi: Die Absagen von Armin Laschet häufen sich.

Vor einigen Wochen machte der prominente Youtuber Rezo öffentlich, dass er – zusammen mit Tilo Jung – alle Kanzler-Kandidat*innen eingeladen hatte. Beide, Jung und Rezo, sind keine Unbekannten in der Medienwelt – und haben im Netz ein Millionen-Publikum. Scholz und Baerbock hatten Interesse, erklärt Rezo weiter. Aber Armin Laschet wollte nicht – und so wurde aus dem Termin nichts, trotz verschiedener Vorschläge. Denn geplant war Rezo zufolge ein Triell zwischen den Spitzenkandidat*innen, live übertragen bei den Online-Portalen Youtube und twitch.

Die Absagen Laschets setzten sich in den kommenden Wochen fort: Die Union schickte in der Regel Vertreter*innen des Kanzlerkandidaten, Laschet ließ sich entschuldigen. Nach Auskunft der Veranstalter*innen waren es mal Terminkonflikte, mal seine Aufgaben als Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen. Die Liste von Laschets Absagen ist inzwischen aber einigermaßen lang: Er fehlte demnach bei Veranstaltungen von Vereinen und Einzelpersonen, bei Gewerkschaften und Medien. Bei Jung und Rezo sagte er ebenso ab wie beim TV-Sender Pro7, auch bei einem Gesprächsformat des Spiegels fehlte Laschet.

Baerbock, Scholz – und Laschet-Vertretung

So kommt es, dass SPD-Kandidat und Grüne-Kandidatin bei der Gewerkschaft ver.di miteinander diskutieren können oder bei der Klima-Allianz sich den drängenden Zukunftsfragen stellen. Teils diskutierten die Parteispitzen von Linken und FDP mit. Bei der Klima-Allianz schickt die Union Fraktionsvize Andreas Jung statt Laschet, bei der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di fehlt die Union komplett zur Gesprächsrunde „Zukunft der Arbeit“.

„Wir haben natürlich Armin Laschet eingeladen und ihn ebenso nachdrücklich wie die anderen gebeten, sich der Diskussion mit unseren Mitgliedern zu stellen. Dieser Bitte ist er leider nicht nachgekommen. Das bedauern wie sehr“, erklärte ver.di, warum Laschet im Gespräch mit dem ver.di-Vorsitzenden Frank Werneke in der Runde fehlte.

Und auch die „Tachles-Arena“ beim Zentralrat der Juden entfiel nach Laschets Absage zunächst komplett. Die Folgen des Hochwassers in seinem Bundesland seien der Grund, teilte der Zentralrat mit. Pikant allerdings: An demselben Tag stand Laschet an der Seite von Elon Musk auf der trockenen Tesla-Baustelle in Brandenburg und fachsimpelte über die Zukunft von Elektroautos und grünem Wasserstoff.

Dass Spitzenkandidat*innen Termine kurzfristig absagen, kommt vor, ihre Terminkalender sind auch ohne Wahlkampf voll. Auch Olaf Scholz ist parallel zum Wahlkampf Vizekanzler und Bundesfinanzminister und hat in diesen Ämtern auch sicherlich hin und wieder kurzfristige Verpflichtungen, die manchmal keinen Aufschub dulden. Das gilt auch für Ministerpräsident*innen und im beschränktem Umfang auch für Parteivorsitzende.

Digitaler Wahlkampf: Es ist viel mehr möglich

Nur: Es fällt auf, dass der Unions-Kandidat wiederholt durch Abwesenheit glänzt, während Scholz und Baerbock ihre Termine trotz anderer Verpflichtungen zumeist wahrnehmen. Das ist in diesem Jahr doppelt unverständlich, da nach eineinhalb Jahren Pandemie der Wahlkampf digitaler ist als jemals zuvor: Viele Diskussionen laufen online ab. Und selbst bei Veranstaltungen vor Ort können Teilnehmer*innen per Video zugeschaltet werden. Dass die Kandidat*innen quer durch die Republik von Termin zu Termin jetten müssen, ist also gar nicht unbedingt nötig. Oft reicht der Wechsel der Videokonferenz, um in wenigen Minuten erst bei einer Gewerkschaft über Arbeitnehmer*innenrechte zu sprechen und wenige Minuten später bei einem Influencer über die Digitalisierung Deutschlands.

Dass das klappt, bewiesen Olaf Scholz und Annalena Baerbock übrigens zu Beginn dieser Woche: Beide stritten zunächst bei der Klima-Allianz, ab wann Deutschland klimaneutral werden könne. Im Anschluss sprachen sie beim DGB über die Transformation der Arbeitswelt. Beide Veranstaltungen waren digital, doch Laschet schaffte es nur abends zum DGB – obwohl sich die Termine zeitlich nicht überschnitten.

All das wirft kein gutes Licht auf Laschet. Ob bestimmte Zielgruppen der Union dabei im Wahlkampf vielleicht nicht wichtig genug, sein Team ihm von manchen Veranstaltungen abrät oder offenbar – regelmäßig – andere Termine wichtiger sind, darüber lässt sich spekulieren. Was in der öffentlichen Wahrnehmung hängen bleibt, ist ein Kanzlerkandidat, der nicht auftaucht – zum Unmut der Veranstalter*innen, aber auch der Bürger*innen, die ein Recht darauf haben zu wissen, welche Position der Spitzenkandidat der Konservativen zu diesem oder jenem Thema vertritt. Oder wie er auf kritische Nachfragen ohne vorgefertigtes Manuskript reagiert.

Autor*in
Benedikt Dittrich

war von 2019 bis Oktober 2022 Redakteur des „vorwärts“.

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