Meinung

Tag der Befreiung: Macht den 8. Mai zum europäischen Feiertag!

Der 8. Mai 1945 war ein Tag der Befreiung – nicht nur Deutschlands, sondern ganz Europas. Daran sollten wir jedes Jahr erinnern: mit einem gesamteuropäischen Feiertag.
von Kai Doering · 7. Mai 2020
Tag der Befreiung: Der 8. Mai könnte eine Gemeinschaft stiftende Strahlkraft entwickeln, die die Europäische Union gerade so dringend braucht.
Tag der Befreiung: Der 8. Mai könnte eine Gemeinschaft stiftende Strahlkraft entwickeln, die die Europäische Union gerade so dringend braucht.

Der 8. Mai 1945 war ein Jubeltag. Nach fast sechs Jahren endete mit der Kapitulation des Deutsches Reichs der Zweite Weltkrieg in Europa. Nach mehr als zwölf Jahren endete das Terrorregime der Nationalsozialist*innen in Deutschland. Es dauerte lange, bis die Deutschen diesen Tag als das erkennen konnten, was er war: ein Tag der Befreiung. Dies ausgesprochen zu haben, wird ein ewiges Verdienst von Bundespräsident Richard von Weizsäcker bleiben.

8. Mai: Befreiung, nicht Niederlage

Dass die damalige Vorsitzende des Auschwitz-Komitees, die 2021 verstorbene Esther Bejarano, in einem Brief an den Bundespräsidenten forderte, den 8. Mai zum Feiertag zu machen, ist ein starkes Zeichen. Sie sammelte dafür sogar knapp 100.000 Unterschriften und überab sie an den Bundestag, wo das Anliegen auf breite Zustimmung stieß. Nach einem Dreivierteljahrhundert sei solch ein Feiertag überfällig „und hilft vielleicht, endlich zu begreifen, dass der 8. Mai 1945 der Tag der Befreiung war, der Niederschlagung des NS-Regimes“, meinte Bejarano damals.

Das ist gut und richtig. Ein noch deutlicheres Zeichen wäre es jedoch, den 8. Mai zu einem gesamteuropäischen Feiertag zu machen. „Der 8. Mai 1945 bleibt ein nicht nur deutscher, sondern europäischer, ja globaler Knotenpunkt der Erinnerung“, hat der Historiker Paul Nolte zum 75. Jahrestag des Kriegsendes in einem Essay richtigerweise festgestellt. Den 8. Mai mit einem Feiertag zu würdigen, ist daher mehr als überfällig.

Der 8. Mai – zufälligerweise zwischen den „Europatagen“ 5. und 9. Mai gelegen – könnte zudem eine Gemeinschaft stiftende Strahlkraft entwickeln, die die Europäische Union gerade so dringend braucht. Die Erinnerung daran, einen übermächtig scheinenden Gegner bezwungen zu haben und kurz darauf dem Volk, von dessen Boden so viel Leid und Tod ausgingen, die Hand ausgestreckt zu haben, um etwas Neues zu errichten, kann helfen, auch künftige Krisen zu bestehen. Es wäre auch ein wichtiges Zeichen an die Ukraine, die sich seit fast eineinhalb Jahren gegen den russischen Aggressor wehrt und sich nach einer Mitgliedschaft in der Europäischen Union sehnt.

Klares Zeichen gegen rechts

Wir Deutschen haben Krieg und Leid über Europa, ja die ganze Welt gebracht. Diese Verantwortung wird bleiben und soll mit dem Begriff der „Befreiung“ nicht relativiert werden. Verantwortung heißt aber auch, alles dafür zu tun, dass Nationalismus und rechtes Gedankengut nie wieder Fuß fassen können. Ein europäischer Feiertag am 8. Mai wäre deshalb auch ein klares Bekenntnis gegen den erstarkenden Rechtsextremismus in Europa. Und das könnte wir alle gerade gut gebrauchen.

Der Text erschien bereits am 8. Mai 2020 und wurde zum 8. Mai 2023 aktualisiert.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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