Meinung

Star Wars oder Star Trek: Wie die SPD Einfluss aufs All nehmen muss

Die Welt ist im Umbruch – und der Weltraum auch. Die SPD muss darauf Antworten finden. Das Papier der Kommission Internationale Politik bietet hierfür gute Ansätze.
von Lisa Storck · 2. Mai 2023
Internationale Raumstation Der Weltraum eröffnet viele Chancen für Innovation und wirtschaftliche Gewinne, während sein Rechtsrahmen weiterhin in den Kinderschuhen steckt.
Internationale Raumstation Der Weltraum eröffnet viele Chancen für Innovation und wirtschaftliche Gewinne, während sein Rechtsrahmen weiterhin in den Kinderschuhen steckt.

Seit dem ersten Wettlauf zum Mond in den 1950er und 1960er Jahren hat sich die Anzahl der Akteur*innen im All vervielfacht. Neben Staaten sind zunehmend private Akteur*innen präsent und haben die Tür für eine Weltraumwirtschaft (New Space) eröffnet. Tonnen an Weltraumschrott und zehntausende Kleinsatelliten gefährden den Zugang zur erdnahen Umlaufbahn und werfen Fragen der Nachhaltigkeit auf. Ein zweites Wettrennen zum Mond und langfristig zum Mars verschärfen das Konkurrenzdenken im All. Aus dem Papier der Kommission Internationale Politik der SPD (KIP) lassen sich wichtige Grundsätze als Reaktion auf diesen Umbruch ableiten, um einem Star-Wars-Szenario vorzubeugen.

Ein lückenhafter Rechtsrahmen

Die KIP fordert mehr Multilateralismus, mehr internationale Zusammenarbeit und internationale Institutionen. Ein multilateraler Ansatz ist auch für die Gestaltung des Weltalls entscheidend. Im All gibt es keine Staatsgrenzen. Laut Artikel 1 des wichtigsten und rechtlich bindenden internationalem Abkommens, dem Weltraumvertrag, ist das All Sache der gesamten Menschheit. Dementsprechend muss seine Erforschung und Nutzung im Interesse aller Länder stehen. 

Zudem steht im Weltraumvertrag zwar, dass die Androhung oder Anwendung von Gewalt im All untersagt ist. Allerdings bleiben rechtliche Lücken. Was ist mit der Nutzung von Satelliten für bewaffnete Konflikte auf der Erde? Wie sind Anti-Satelliten-Tests und sogenannte Ground-to-Space-Waffen einzuordnen, etwa Laser, die Satelliten funktionsuntüchtig machen können? Wie steht es um die Platzierung von Waffen im All? Ein Vertrag auf UN-Ebene zur Prävention eines Wettrüstens im All scheitert fortdauernd am Dissens der entscheidenden Staaten.

Weit auseinanderklaffende Weltraumkapazitäten

Als Gradmesser für eine multilaterale Zusammenarbeit mit globalen Partner*innen sieht die KIP die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Satelliten liefern wichtige Daten und Erkenntnisse über die Auswirkungen und das Ausmaß des Klimawandels und dienen zur frühzeitigen Erkennung von extremen Unwettern. Umweltschutz ist aber längst kein Thema mehr, das nur auf unseren Planeten beschränkt werden kann. Laut Zahlen der Europäischen Weltraumorganisation ESA zum Weltraummüll sind derzeit 32.000 Objekte katalogisiert und werden überwacht. Die Anzahl nicht-katalogisierter und kleinerer Objekte beläuft sich auf mehrere hundert Millionen. Zusätzlich erregen Megakonstellationen, die tausende Satelliten umfassen, Bedenken der steigenden Kollisionsgefahr und Lichtverschmutzung. Hier fehlt es an einem global-verbindlichen Ansatz, um den Zugang zum All nicht zu gefährden.

Die KIP fordert weiter, Globalisierung gerecht, nachhaltig und sozial zu gestalten. Gleiches muss für eine multiplanetare Gesellschaft gelten. Eine UN-Resolution hält fest, dass die Exploration und die Nutzung des Weltalls allen Ländern, insbesondere der Entwicklungsländer, dienen muss. Faktisch gibt es jedoch weit auseinanderklaffende Weltraumkapazitäten, die sich an der Investitionskraft der Staaten messen. Mit 54,59 Milliarden US-Dollar verfügten die USA 2021 über das größte Weltraumbudget. Danach folgte China mit deutlichem Abstand (10,29 Milliarden US-Dollar). Deutschland liegt auf Platz 6 (2,38 Milliarden US-Dollar). Auch wenn sinkende Kosten den Zugang zum All vereinfacht haben und es zunehmend polyzentrischer wird, sprechen die Fakten von einer klaren Dominanz der USA, gefolgt von überwiegend Industrienationen.

Das All ökologisch, sozial und wirtschaftlich gerecht gestalten

Im KIP-Papier wird die Bedeutung von kritischen Rohstoffen für die ökonomische Sicherheit hervorgehoben. Unter dem Begriff des Weltraumbergbaus werden die Chancen der gigantischen Massen and Rohstoffen, die im All etwa auf Asteroiden verborgen sind, erörtert. Der Zugang zu Weltraumressourcen, insbesondere zu Platingruppenmetallen, hätte eine gewaltige Bedeutung für die geopolitischen Kräfteverhältnisse auf der Erde. Auch hier gibt es noch keine verbindlichen Regeln in der Staatengemeinschaft – lediglich bilaterale Abkommen.

Der Weltraum eröffnet somit viele Chancen für Innovation und wirtschaftliche Gewinne, während sein Rechtsrahmen weiterhin in den Kinderschuhen steckt. Ein sozialdemokratischer Ansatz sollte sich dafür einsetzen, dass sich dort ungleiche und neoliberale Machtstrukturen nicht durchsetzen, sondern es dem Anspruch einer sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Ausgestaltung gerecht wird, die allen zugutekommt. Der Weltraum darf nicht als Ausweg und Relativierung für die drängenden Probleme der Ressourcenknappheit oder des Klimawandel auf der Erde gesehen werden. Der Ansatz des Multilateralismus, den die KIP zurecht in den Vordergrund rückt, muss dabei im Zentrum einer sozialdemokratischen Weltraumpolitik stehen.

node:vw-infobox

Autor*in
Lisa Storck

arbeitet im Europäischen Parlament in den Bereichen Außenpolitik und Menschenrechte. In ihrem Masterstudium hat sie sich auf Weltraumpolitik spezialisiert und wirkt als Autorin an dem im Herbst 2023 erscheinenden Sammelband Strategischer Wettbewerb im Weltraum. Politik, Recht, Sicherheit und Wirtschaft im All mit. 

0 Kommentare
Noch keine Kommentare