Sozialdemokratie: Das Schicksal der „Parti socialiste“ ist eine Warnung
Inga Kjer/photothek.net
Gute Ratschläge von Deutschen sind in Europa nicht eben populär, auch nicht unter Sozialdemokraten. Und doch: Die älteste sozialdemokratische Partei war immer gefordert, Orientierung zu geben, hat das auch immer gewollt. Gerade in schwierigen Zeiten.
Zerriebene Ideale
Und schwierig sind die Zeiten: Krieg in Syrien; nationalistische Rechtspopulisten sind in ganz Europa auf dem Vormarsch, gewinnen Wahlen in Ungarn und Italien; Sozialdemokratische Parteien marginalisiert, sind von Selbstauflösung bedroht in Frankreich, Spanien und den Niederlanden; die SPD wurde bei der Bundestagswahl mit 20 Prozent bestraft. Das alles verlangt Orientierung. Zwingend.
Alles objektive Gründe für ein neues SPD-Programm. Es geht um mehr als die Aufarbeitung des historisch schlechtesten Wahlergebnisses. Das Programm muss nicht nur der Verantwortung für Partei und Mitglieder gerecht werden, sondern auch der für Europa. Sonst werden sozialdemokratische Ideale zerrieben zwischen Pseudoantworten von Orbán und seinem Freund Seehofer, von Berlusconi oder Le Pen und einer bürgerlichen Europavorstellung á la Macron.
Alte Wahrheit
Wohin das führt, kann man in Frankreich sehen. Ein Viertel der PS-Mitglieder ist zu Macrons „En Marche“-Bewegung gewechselt, ein Viertel folgt dem trotzkistischen Demagogen Mélenchon, die Jugendorganisation schließt sich der neuen Bewegung von Benoît Hamon an, der als Präsidentschaftskandidat der PS mit 6,4 Prozent im ersten Wahlgang ausschied, und die verbleibende Restpartei kämpft unter dem unbekannten Olivier Faure gegen den ideolgischen und finanziellen Ruin. Währenddessen treibt Macron innenpolitisch den notwendigen Umbau Frankreichs voran, wiederholt dabei aber die längst als falsch erkannte Ideologie vom Staat als gut zu managendem Betrieb.
Alldem muss die SPD ein Programm entgegensetzen mit erstrebenswerten Zielen für Deutschland und Europa. Eine alte Wahrheit gilt dabei: Jede Reform, die das konkrete Leben der Menschen verbessert ist wichtig, jeder Schritt in diese Richtung muss gegangen werden. So viel Orientierung darf Europa erwarten.