Seenotrettung: Verkehrsminister Wissing torpediert die Pläne der Ampel
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Das Mittelmeer ist das beliebteste Reiseziel der Deutschen und leider auch die tödlichste Grenze der Welt. Mehr als 25.000 Menschen sind in den vergangenen zehn Jahren im Mittelmeer ertrunken. Die Antwort darauf müsste eigentlich mehr Seenotrettung, mehr Menschlichkeit sein. Doch einige sprechen schon wieder von Abschottung, von Lagern, von Abschiebungen und meinen, dass man damit verhindern könne, dass Menschen überhaupt in Boote steigen. Sie verkennen dabei die Verzweiflung derer, die vor Armut, Gewalt und Kriegen fliehen.
Die Ampel will die zivile Seenotrettung stärken
Wenige sprechen dieser Tage über die europäische Verantwortung, über die Verantwortung Italiens, über die Verantwortung von Ländern wie Deutschland, Frankreich, Spanien und vielen anderen, Menschenleben zu retten. Während 2015 das Bild des toten, zweijährigen Alan Kurdi am Strand nahe Bodrum noch kollektives Entsetzen auslöste, haben wir bereits jetzt die 2400 Toten aus dem vergangenen Jahr vergessen, die 37 Menschen, die am Grenzzaun zwischen Marokko und der spanischen Enklave Melilla im Juni getötet wurden oder die mehr als 60 Menschen die vergangen Sonntag vor Süd-Italien ertranken.
Doch die Ampel-Koalition will Verantwortung übernehmen und die zivile Seenotrettung stärken. Erstmalig in unserer Geschichte erhalten zivile Rettungsorganisationen auch finanzielle Mittel aus dem Bundeshaushalt – insgesamt acht Millionen Euro. Mit diesem Geld unterstützt der Verein United4Rescue auch die Schiffe der deutschen NGOs Sea Watch, SOS Humanity und Sea Eye.
Wissings Vorgaben sind von den Retter*innen kaum erfüllbar
Man könnte meinen die Zielsetzung der Ampel sei hier klar. Doch das FDP-geführte Verkehrsministerium unter Volker Wissing, wie schon zu Zeiten seines Vorgängers Andreas Scheuer, plant eine Änderung der Schiffsicherheitsverordnung. Damit wird die Arbeit der Ampel torpediert. Denn die damit einhergehenden Sicherheitsauflagen können Seenotrettungsschiffe kaum erfüllen. Sie bedeuten Umbauten, Versicherungshürden und erhebliche Mehrkosten.
Im Koalitionsvertrag heißt es: „Die zivile Seenotrettung darf nicht behindert werden.“ Doch nichts anderes tut das Verkehrsministerium. Das können wir nicht hinnehmen. Die Schiffe von Sea Watch, SOS Humanity und Sea Eye retten jedes Jahr Hunderte von Menschen.
Europäische Werte müssen gelebt werden
Im EU-Vertrag steht in Artikel 2: „Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte …“. Für wen gelten diese Werte eigentlich? Offenbar nicht für diejenigen, die in Seenot sind. Werte müssen gelebt werden. Wir können nicht zulassen, dass die Arbeit der Ampel zur Unterstützung ziviler Seenotrettung jetzt aus dem Verkehrsministerium torpediert wird.
Gleichzeitig brauchen wir langfristig eine EU-Rettungsmission. Sie soll die Menschen retten, die ansonsten vor unseren Küsten ertrinken. Und wir müssen sichere, legale Wege der Migration schaffen. Daran arbeiten wir mit besseren Möglichkeiten der humanitären Aufnahme, aber auch mit der neuen Fachkräfteeinwanderungsstrategie.