Meinung

Rhie zur Impfpflicht: Politik muss jetzt Verantwortung übernehmen

Ob es gegen Corona eine Impfpflicht geben wird, ist im Bundestag eine Gewissensentscheidung. Eine schwierige Abwägung, gerade für neue Abgeordnete. SPD-Politikerin Ye-One Rhie sieht die Politik in der Pflicht, jetzt Verantwortung zu übernehmen.
von Ye-One Rhie · 4. März 2022
Ich hoffe sehr, dass die Gesellschaft wieder zur Ruhe kommt. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Ye-One Rhie befürwortet die Impfpflicht ab 18.
Ich hoffe sehr, dass die Gesellschaft wieder zur Ruhe kommt. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Ye-One Rhie befürwortet die Impfpflicht ab 18.

Im letzten Sommer bin ich im Wahlkampf oft gefragt worden, wie ich zu einer Impfpflicht gegen das Corona-Virus stehe. Damals habe ich immer klar gesagt, dass ich gegen eine Impfpflicht bin, weil man niemanden gegen seinen Willen dazu bringen sollte, sich impfen zu lassen. Allerdings war die Situation von einem Dreivierteljahr eine ganz andere als jetzt: Die Corona-Zahlen gingen runter, das Impfen zog an und ich hatte den Eindruck, dass alle heiß darauf waren, geimpft zu werden, damit uns eine Situation wie im Herbst und Winter 2020 erspart bleibt. Ich bin davon ausgegangen, dass wir eine deutlich höhere Impfquote erreichen werden. Das war allerdings ein Trugschluss.

Die Stimmung lädt sich immer weiter auf

Was mich emotional sehr beschäftigt und ja, auch enttäuscht, sind diejenigen, die gegen das Impfen auf die Straße gehen, Stimmung machen und sogar Menschen, die impfen oder sich impfen lassen wollen, bedrohen. Ich merke, dass das Thema Impfen zunehmend spaltet – sei es im Kreis der Kollegen, von Freunden oder auch in der Familie. Wer sich impfen lässt, muss sich nicht selten vor denen rechtfertigen, die eine Impfung ablehnen. Wer sich nicht impfen lässt, wird mitunter von denen verurteilt, die sich seit zwei Jahren einschränken und alles tun, um sich und ihre Lieben zu schützen. So lädt sich die Stimmung immer weiter auf. Das ist Gift für die Gesellschaft.

Diese Entwicklung hat mich überzeugt, dass jetzt ein Punkt gekommen ist, an dem die Politik Verantwortung übernehmen muss. Wir Bundestagsabgeordnete müssen entscheiden, was für unser Land gut ist, nicht zuletzt, was die Belastung der Krankenhäuser angeht. Dafür sind wir schließlich gewählt worden. Mit der Impfpflicht setzen wir einen klaren Rahmen, an den sich jeder halten muss. Das baut auch denen eine Brücke, die sich gerne impfen lassen würden, sich aber aufgrund gesellschaftlichen Drucks vielleicht nicht trauen. Ich hoffe sehr, dass das die Situation für viele leichter macht und die Gesellschaft wieder zur Ruhe kommt.

Eine deutliche Mehrheit ist wichtig

Das kann aber nur mit der Impfpflicht ab 18 gelingen. Wenn wir die Altersgrenze höher ansetzen, suggerieren wir damit, dass das Virus für Jüngere nicht gefährlich ist. Das wäre fahrlässig und gefährlich und könnte am Ende sogar das Gegenteil von dem bewirken, was wir wollen, nämlich eine möglichst hohe Impfquote, um gut durch den nächsten Herbst und Winter zu kommen. Wichtig wird dabei sein, dass es am Ende eine deutliche Mehrheit gibt, für welchen Gesetzentwurf auch immer.

Aufgezeichnet von Kai Doering

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Autor*in
Ye-One Rhie

ist SPD-Bundestagsabgeordnete aus Aachen.

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