Populisten in der Corona-Krise: Gefährlich, weil planlos
Jede*r kennt Hans Christian Andersens Märchen vom Kaiser und seinen neuen Kleidern. Ein gieriger, selbstherrlicher Machthaber, der letztlich bloßgestellt wird, weil er nackt und beschämt vor seinem Volke steht. Ähnlich könnte es in Zeiten der Corona-Krise mit aktuell regierenden Populisten ablaufen. Trump, Erdogan, Bolsonaro, Putin – bloßgestellt als unfähig und selbstherrlich.
Bolsonaro: Händeschütteln statt Isolation
Die Wirklichkeit sieht anders aus. Denn was passiert, wenn Populisten nicht mit Scham, sondern mit Wut und Ignoranz darauf reagieren, bloßgestellt zu werden, war vor wenigen Tagen in Brasilien zu beobachten. Dort sollte der rechtsextreme Präsident Jair Bolsonaro eigentlich für zwei Wochen in Isolation sein. Denn nach einem Staatsbesuch in den USA waren 13 Mitglieder seiner Delegation, darunter Bolsonaros Kommunikationschef Fabio Wajngarten, positiv auf Corona getestet worden.
Eigentlich hatte das brasilianische Gesundheitsministerium angeordnet, größere Versammlungen zu meiden. Stattdessen versammelten sich hunderte Menschen vor dem Regierungssitz des Präsidenten. Sie waren einem Aufruf Bolsonaros gefolgt. Er selbst schüttelte Hände, posierte für Selfies, umarmte Menschen. Und das als unmittelbare Kontaktperson zahlreicher Corona-Infizierter. Fahrlässiger geht’s nicht.
Populisten gefährden Millionen Menschen
Immerhin scheint Bolsonaros Kumpel Trump den Ernst der Lage inzwischen begriffen zu haben. Das sah noch vor kurzem ganz anders aus. Da rühmte sich Trump, eine besondere Gabe zu haben, um das Virus verstehen zu können. Er sagte, er glaube an ein Wunder, das Virus könne von selbst verschwinden. Sein Onkel habe am MIT unterrichtet. Deswegen habe er die Gene eines Super-Genies.
Gut, mein Onkel ist Zimmerermeister. Trotzdem muss ich eingestehen, dass ich handwerklich vollkommen ungeschickt bin. Populisten wie Trump und Bolsonaro können nicht eingestehen, etwas nicht zu verstehen oder zu beherrschen. Das macht sie in Krisenzeiten so gefährlich. Sie gefährden damit nicht nur sich, sondern auch Millionen Menschen.
Putin verunsichert
So wie die beiden anderen Mitglieder des Populisten-Quartetts: Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdogan. Während alle Top-Ligen Europas am Wochenende wegen des Corona-Virus bereits pausierten, mussten die Fußballer in der Türkei und in Russland noch auflaufen. In Russland sogar in ausverkauften Stadien mit tausenden von Zuschauer*innen. Putin schlug Anfang der Woche sogar noch vor, die Fußball-Europameisterschaft im Sommer einfach in Russland auszutragen. Dort gebe es ja keine Probleme wegen Corona.
Inzwischen wird der Regierung vorgeworfen, das eigentliche Ausmaß zu kaschieren. Putins Strategie der Selbstherrlichkeit führt zunehmend zu Verunsicherung in der Bevölkerung. So sehr, dass der deutsche Fußball-Weltmeister Benedikt Höwedes, derzeit in Diensten des russischen Klubs Lokomotive Moskau, offenbar Heimweh bekommt. „Die Populisten verlieren dieser Tage an Wert. Und es zeigt sich, in was für einem tollen Land wir Deutschen zu Hause sind“, gab Höwedes zu Protokoll.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo