Meinung

Pannen-Abi in NRW: Schwarz-Grün spielt mit Zukunft der Schüler*innen

Die schwarz-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen trägt ihre digitale Inkompetenz auf dem Rücken zehntausender Schüler*innen aus. Die zuständige CDU-Bildungsministerin sollte daher zurücktreten.
von Jonas Jordan · 19. April 2023
CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst und seine Bildungsministerin Dorothee Feller: Sie tragen die politische Verantwortung für das Abi-Desaster in Nordrhein-Westfalen.
CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst und seine Bildungsministerin Dorothee Feller: Sie tragen die politische Verantwortung für das Abi-Desaster in Nordrhein-Westfalen.

Ich erinnere mich noch gut an meine schriftlichen Abitur-Prüfungen, auch wenn sie inzwischen bereits einige Jahre zurückliegen. Wir waren in dieser Phase damals sehr aufgeregt. Manche Lehrer*innen rieten uns, am Abend vorher ein alkoholfreies Bier zur Beruhigung zu trinken. Viele gingen früh schlafen. Wer das von den aktuellen Abiturient*innen in Nordrhein-Westfalen gestern Abend tat, erlebte heute Morgen eine böse Überraschung. Denn die für heute geplanten Prüfungen in den Fächern Biologie, Chemie, Ernährungslehre, Informatik, Physik, Technik fallen allesamt aus. 72.000 Schüler*innen sind davon betroffen.

Der Grund dafür: massive technische Probleme. Bis zum Dienstagabend gelang es der Landesregierung nicht, den Schulen die notwendigen Prüfungsunterlagen für das Zentralabitur so zur Verfügung zu stellen, dass sie überall fehlerfrei heruntergeladen werden konnten. Gegen 21 Uhr ging schließlich die Information an alle Schulen, dass die Prüfungen ausfallen. Kann jedem mal passieren, könnte man jetzt sagen. Wer noch nie technische Probleme hatte, werfe den ersten Stein. 

Digitale Inkompetenz sorgt für Wut

Doch es ist nicht nur die digitale Inkompetenz der Landesregierung, die nun für Wut, Entsetzen und Aufregung sorgt, sondern vor allem die mangelnde Fähigkeit zur Krisenkommunikation, geschweige denn zu einem empathievollem Umgang mit den Betroffenen. Diese berichten im Internet beispielsweise davon, dass die zuständige Hotline des Bildungsministeriums pünktlich um 18 Uhr Feierabend machte. Schul- und Bildungsministerin Dorothee Feller (CDU) war über Stunden abgetaucht. Währenddessen saßen Lehrer*innen Medienberichten zufolge seit dem Mittag verzweifelt vor ihren Rechner und aktualisierten alle zwei Minuten die Seite zum Download der Prüfungsunterlagen.

Nun sind alle betroffenen Prüfungen auf Freitag verschoben worden. Die Verschiebung allein ist schon nicht optimal. Jede*r, der oder die sich schon mal auf einen sportlichen Wettkampf vorbereitet hat, weiß das. Zudem hätte es keinen schlechteren Ausweichtermin geben können. Denn auch am Dienstagabend wurde bekannt, dass die EVG für Freitagvormittag von 4 bis 11 Uhr erneut Warnstreiks plant. Wie sollen 72.000 Schüler*innen nun pünktlich vor Ort sein? Laufen, Fahrrad fahren oder doch die allseits bekannten wie verhassten Elterntaxis? Alles nicht optimal an einem Prüfungstag.

Bahnstreik und Zuckerfest – klasse Timing!

Hinzu kommt, dass am Freitag Zuckerfest ist, der größte muslimische Feiertag des Jahres, das traditionelle Fastenbrechen nach dem Fastenmonat Ramadan. An diesem Tag sind viele muslimische Schüler*innen und Lehrkräfte eigentlich freigestellt. Klasse Timing also für Abiturprüfungen in ausgerechnet dem Bundesland mit dem höchsten muslimischen Anteil an der Gesamtbevölkerung. Was gäbe es nur für einen Sturm der Entrüstung, wenn in ganz Bayern Schüler*innen an Heiligabend oder noch besser am Ersten Weihnachtsfeiertag zu Abschlussprüfungen antreten müssten?

Die Entscheidung ist also ebenso fragwürdig wie unnötig. Denn es hätte noch einen anderen freien Termin in der Prüfungsphase gegeben: Donnerstag, 27. April. Mit mehr Vorbereitungszeit für die betroffenen Schüler*innen und der anschließenden Vorfreude auf das lange Wochenende rund um den 1. Mai. 

Feller sollte zurücktreten

Schon jetzt ist klar, dass diese peinliche Abi-Panne nicht ohne Konsequenzen bleiben kann und darf. Die sozialdemokratische Opposition im Landtag hat bereits eine Sondersitzung des Bildungsausschusses für Donnerstagmittag beantragt. Bildungsministerin Dorothee Feller (CDU) hat Konsequenzen angekündigt und hat sich am Mittwochvormittag in einem Pressegespräch sowie in einem auf Twitter veröffentlichten Video erklärt und um Entschuldigung gebeten. Das reicht nicht. Sie sollte als Ministerin die politische Verantwortung übernehmen und zurücktreten. Denn die schwarz-grüne Landesregierung spielt durch diese Posse mit der Zukunft tausender Schüler*innen.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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