Meinung

Neuer Generalsekretär: Merz führt die CDU zurück ins 20. Jahrhundert

In der CDU geben künftig mit Friedrich Merz und Carsten Linnemann wieder zwei Männer aus Nordrhein-Westfalen den Ton an. Für die Union und ihren Vorsitzenden ist es erneut eine verpasste Chance, für mehr Sichtbarkeit von Frauen zu sorgen.
von Jonas Jordan · 12. Juli 2023
Die stellvertretende CDU-Generalsekretärin Christina Stumpp ist von Parteichef Friedrich Merz auch künftig für einen Platz in der zweiten Reihe vorgesehen.
Die stellvertretende CDU-Generalsekretärin Christina Stumpp ist von Parteichef Friedrich Merz auch künftig für einen Platz in der zweiten Reihe vorgesehen.

„Briefeschreiben mit der Hand, Vati fährt VW Käfer, Neue Männer braucht das Land“ – Textzeilen aus dem Lied „20. Jahrhundert“ des Kabarettisten Rainald Grebe, die ganz aktuell auch mal wieder zur Personalpolitik der CDU passen. Denn auch bei der Union hieß es am Dienstagnachmittag: „Neue Männer braucht das Land.“ Parteichef Friedrich Merz ließ verkünden: Mario Czaja wird „einvernehmlich“ abgelöst, Carsten Linnemann übernimmt ab sofort als neuer Generalsekretär. Soweit so überraschend. Doch eine Personalie blieb in der Berichterstattung dazu kaum berücksichtigt: Christina Stumpp bleibt stellvertretende Generalsekretärin.

CDU-Landesvorsitzende: 15 Männer, keine Frau

Christina wer? Die Bundestagsabgeordnete aus Baden-Württemberg übt dieses Amt offiziell seit September 2022 aus. Es wurde eigens für sie neu geschaffen, die Satzung der CDU entsprechend geändert. Auch um für mehr Sichtbarkeit von Frauen in der Partei zu sorgen, wie Friedrich Merz ihre Nominierung damals begründete. Soweit so löblich. Doch zumindest nach außen ist die 35-Jährige kaum sichtbar. Bei einer repräsentativen Meinungsumfrage dürften sich ihre Bekanntheitswerte im niedrigen einstelligen Prozentbereich bewegen. Wenn überhaupt. Was ist eigentlich ihre Aufgabe? Das weiß vermutlich nicht mal Friedrich Merz selbst.

Auf jeden Fall bekommt sie nun erneut einen Mann vor die Nase gesetzt. Für die Sichtbarkeit von Frauen innerhalb der CDU ist das mal wieder ein katastrophales Zeichen. Denn um die ist es ohnehin denkbar schlecht bestellt. Daniel, Dennis, Sebastian, Carsten, Franz-Robert, Jan, Kai, Sven, Mario, Michael, Hendrik, Christian, Stephan, Boris und Thomas heißen die 15 CDU-Landesvorsitzenden mit Vornamen. Überraschung: Eine Frau ist nicht darunter. Als bislang letzte gab Julia Klöckner im vergangenen Jahr den Vorsitz des CDU-Landesverbandes in Rheinland-Pfalz ab. Gleiches gilt für die Regierungschefs der CDU in den Bundesländern. Während alle drei Ministerpräsidentinnen von der SPD kommen, sind es bei der Union allesamt Männer.

Zurück ins 20. Jahrhundert

Zwar gibt es einige junge, kompetente Frauen in der CDU wie Nadine Schön aus dem Saarland, Serap Güler aus Nordrhein-Westfalen oder Siliva Breher aus Niedersachsen, die durchaus auch ein anderes Bild der Partei nach außen transportieren könnten. Doch es wirkt, als wolle Merz die Ära der von ihm verhassten Parteivorsitzenden Angela Merkel und ihrer unmittelbaren Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer möglichst weit hinter sich lassen. So als wolle er deutlich machen: Die Zeit, als die Frauen in der CDU was zu sagen hatten, ist vorbei. Die Männer geben den Ton an und die stellvertretende Generalsekretärin bekommt den nächsten Kerl vor die Nase gesetzt. Zurück ins 20. Jahrhundert.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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