Meinung

Mitgliederbefragung: Quantensprung in Sachen innerparteilicher Demokratie

Per Mitgliederbefragung wird die Parteibasis über den künftigen SPD-Vorsitz abstimmen. Für die innerparteiliche Demokratie ist das ein riesen Sprung. Gleichzeitig nimmt es die gesamte Partei in die Verantwortung.
von Karin Nink · 24. Juni 2019
Die Mitglieder entscheiden: Der SPD-Vorsitz soll von der Parteibasis bestimmt werden.
Die Mitglieder entscheiden: Der SPD-Vorsitz soll von der Parteibasis bestimmt werden.

So stark war die Mitgliederbeteiligung in der SPD für die Wahl eines Parteivorsitzenden oder einer Parteivorsitzenden oder beides noch nie: Wer die Partei ab Dezember führen soll, werden die Mitglieder entscheiden – so hat es der Parteivorstand am Montag beschlossen. Der Bundesparteitag wird sich an deren Votum halten.

Auch die Bandbreite der Kandidaten wird größer sein als je zuvor: Zwei Monate lang können sich jene, die sich das Amt zutrauen unter bestimmten Kriterien als Kandidaten bewerben. Auch als Team in einer Doppelspitze. Die Mitglieder werden dann automatisch mit ihrem Kreuz auch darüber abstimmen, ob sie eine Mann/Frau-Besetzung bevorzugen oder das Amt einer einzelnen Person anvertrauen wollen. Für beides gibt es gute Argumente.

Gute Gelegenheit, in die SPD einzutreten

Mit diesen Beschlüssen macht die deutsche Sozialdemokratie einen Quantensprung in Sachen innerparteilicher Demokratie. Das geht deutlich über das hinaus, was die Union mit ihren Regionalkonferenzen vor der Wahl von Annegret Kramp-Karrenbauer zur nächsten Parteivorsitzenden gewagt hat. Für Menschen, die der Sozialdemokratie nahestehen, ist dies auch eine gute Gelegenheit, in die Partei einzutreten und mitzubestimmen.

Dass bisher potenzielle Kandidaten und Kandidatinnen für das harte und schwierige Amt zurückhaltend sind oder gar abgewunken haben, ist keine Schwäche der SPD. Vielmehr zeugt dieses Verhalten von Nachdenklichkeit – auch darüber, nicht wieder in die Falle alter Reflexe zu stolpern, sondern einen grundsätzlicheren Neuanfang zu wagen.

Alle Mitglieder tragen jetzt Verantwortung

Denn die SPD, so schwer die aktuelle Krise auch sein mag, wird nicht untergehen. Vielmehr haben nun alle in der Partei die Chance, Einfluss auf die Besetzung des Vorsitz zu nehmen. Jene, die die Partei grundlegend reformieren und neu aufstellen wollen.  Aber auch jene, die der Meinung sind, dass es gut ist so wie der Parteivorsitz bisher strukturiert war, können dafür votieren. Wir alle tragen damit aber auch mehr Verantwortung und können sie nicht mehr an andere delegieren.

Eins muss aber auch allen klar sein: Nach diesem Prozess muss in der gesamten Partei endlich wieder Schluss sein mit der selbstzerstörerischen Haltung von „denen da oben und die da unten“.

Wir sind eine SPD von der Parteispitze bis zum einzelnen Mitglied an der Basis. Deutlicher als mit diesem Prozess können die kommissarische Parteiführung und der Parteivorstand das nicht machen.

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Karin Nink

ist Chefredakteurin des "vorwärts" und der DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik sowie Geschäftsführerin des Berliner vorwärts-Verlags.

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