Merz unterwegs in die Ukraine: Wenn der Krieg zur Kulisse verkommt
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Nun ist er also wirklich unterwegs. Friedrich Merz ist am Dienstag in Richtung Ukraine aufgebrochen. In Deutschland waren die Reisepläne des CDU-Chefs am Wochenende ein großes Thema, viel wurde über den Ausflug gerätselt. Er ist offenbar auf Einladung des ukrainischen Parlaments, der Rada, nach Kiew unterwegs, will sich ein Bild von der Zerstörung in und um die Hauptstadt machen, mit Oppositionspolitiker*innen sprechen. Das ist aller Ehren wert. Trotzdem bleibt das große Fragezeichen: Was soll der Besuch des deutschen Oppositionspolitikers in der Ukraine am Ende bringen?
Merz kann der Ukraine weder Waffen noch Geld versprechen. Beides will Deutschland der Ukraine inzwischen ohnehin liefern. Dass eine breite Mehrheit in Deutschland, weit über die Bundesregierung hinaus, an der Seite der Ukraine steht, ist auch kein neues Versprechen, für das Merz in den Zug hätte steigen müssen. Wie rücksichtslos, wie zerstörerisch das russische Militär an vielen Orten vorgeht, ist spätestens seit Butscha bekannt.
Der Krieg als Kulisse
Nein, es geht Merz nicht um einen Erkenntnisgewinn. Es geht ihm vielmehr um seine Show, um seine Schlagzeile – vor allem in der deutschen Medienwelt.
Merz will als Oppositionschef im Bundestag die Bundesregierung, vor allem Olaf Scholz, vor sich hertreiben. Dass der Bundeskanzler seit Kriegsbeginn den Ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nicht persönlich getroffen hat, ist seine Angriffslinie. (Warum Olaf Scholz bisher nicht in die Ukraine gereist ist, hat er am Montagabend im ZDF erklärt)
Ein Stück weit, das kann man Merz zugestehen, ist das seine Aufgabe als Oppositionspolitiker. Traurig ist aber, dass er im Zweifel die Inszenierung über den Inhalt, über die Verantwortung stellt. Friedrich Merz geht es allein darum, die Regierung vorzuführen. Koste es, was es wolle.
Merz hat nichts anzubieten
Dass Merz so denkt und handelt, hat er bereits in der jüngsten Vergangenheit unter Beweis gestellt: Als Fraktionschef im Bundestag verweigerte er der Ampel die Zustimmung zur allgemeinen Impfpflicht, obwohl die Unions-Ministerpräsidenten, sehr viele Konservative und zahlreiche Expert*innen diese befürworten. Das alles scherte Merz nicht, da er die Chance witterte, die Ampel-Koalition zu düpieren – schlussendlich auf Kosten der Gesellschaft und zum Schaden der Demokratie, denn auch in der Bevölkerung gab und gibt es eine Mehrheit für eine Impfpflicht.
Für diese Art politisches Spiel nutzt Friedrich Merz jetzt die Ukraine als Bühne. Die Bilder, wie er ukrainischen Politiker*innen die Hände schüttelt, werden in deutschen Medien sicherlich erscheinen. International wird sein Besuch aber eine Randnotiz bleiben – wenn überhaupt. Und die Ukrainer*innen werden sich von seinen warmen Worten nichts kaufen können. Bisher ist Merz nicht als Außen- noch als Verteidigungspolitiker in Erscheinung getreten, der Sauerländer ist weder versierter Diplomat noch Sicherheitsexperte.
„Es ist schön, in diesem Land zu sein“, meldete sich Merz am Dienstagmorgen per Video aus dem Schlafwagen nach Kiew. Es ist zu befürchten, dass Merz Reise in die Ukraine auf diesem inhaltlichen Niveau bleiben wird.