Meinung

Krankenkassenbeiträge auf Betriebsrenten: Wie Versicherte von der Neuregelung profitieren

Wer eine Betriebsrente bezieht, muss auf diese Krankenkassenbeiträge entrichten. Mit der Entscheidung über die Einführung einer Grundrente konnte auch für diese Doppelverbeitragung eine Regelung getroffen werden – eine, die die betriebliche Altersversorgung stärkt.
von Ralf Kapschack · 15. November 2019
Kaum ein Thema brignt die Menschen so in Wallung wie die Krankenkassenbeiträge auf Betriebsrenten. Nun wird es eine Neuregelung geben.
Kaum ein Thema brignt die Menschen so in Wallung wie die Krankenkassenbeiträge auf Betriebsrenten. Nun wird es eine Neuregelung geben.

Mit der Entscheidung über die Einführung einer Grundrente konnte auch endlich eine Regelung für die Krankenkassenbeiträge auf Betriebsrenten beschlossen werden. Ab 2020 soll ein Freibetrag in Höhe von 159,25 Euro gelten. Wer eine Betriebsrente bekommt, wird im Jahr 2020 um rund 300 Euro entlastet. Aktuell gilt ab einer Freigrenze in Höhe von 155,75 Euro der volle Krankenkassenbeitrag, d.h. Betroffene müssen diesen Satz komplett bezahlen. Das verringert die Attraktivität von Betriebsrenten. Daher wird die geltende Freigrenze für Versorgungsbezüge in Höhe von 155,75 Euro monatlich in einen dynamisierten Freibetrag umgewandelt.

Sozialrecht verbietet Mehrfachverbeitragungen nicht

Das ist gut so und längst überfällig. Denn es gibt kaum Themen im Bereich Rente, die Menschen so in Wallung bringen wie die Krankenkassenbeiträge auf Betriebsrenten. Es vergeht kein Tag, an dem wir dazu nicht angeschrieben oder angerufen werden. Nicht immer in einem freundlichen Ton. Ich kann den Ärger dennoch verstehen. Gerade diejenigen, die in den 70er und 80er Jahren auf die Politik gehört haben und zusätzlich für ihr Alter vorgesorgt haben – damals noch in dem Glauben keine Krankenkassenbeiträge auf ihre zusätzliche Rente zahlen zu müssen – werden jetzt von dem vollen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag „kalt erwischt“.

Hinzu kommt, dass einige sowohl in der Anspar- als auch in der Auszahlungsphase Sozialabgaben entrichtet haben. Einige sprechen deshalb sogar von einer Dreifachverbeitragung. Anders als das Steuerrecht kennt das Sozialrecht jedoch kein Verbot von Mehrfachverbeitragungen. Das macht die Situation jedoch nicht besser. Ich halte es außerdem für einen entscheidenden Fehler, dass es damals keinen Bestandsschutz oder Übergangsregelungen gegeben hat. Das können wir jetzt aber nicht mehr ändern.

Betriebsrenten wieder attraktiver machen

Wie kam es dazu? Hintergrund ist eine Gesetzesänderung aus dem Jahr 2004. Damit sollte der stetig wachsenden Deckungslücke in der Krankenversicherung der Rentner – eine der Ursachen für die Beitragserhöhungen der Krankenkassen – begegnet werden. Seit dem 1. Januar 2004 ist daher auf alle Versorgungsbezüge der volle allgemeine Beitragssatz zu zahlen. Das sind knapp 18 Prozent. Ohne zusätzliche Einnahmen, so die Befürchtung damals, würde das Gesundheitssystem kollabieren. Außerdem stand der Gedanke unseres solidarischen Krankenkassensystems im Mittelpunkt: Jeder zahlt entsprechend seiner Möglichkeiten und hat dennoch Anspruch auf die gleichen Leistungen. Wer also mehr hat, zahlt auch mehr.

An dieser Argumentation festzuhalten, wo ständig die Rede von Milliardenüberschüssen ist, war aber nicht mehr schlüssig. Außerdem sehen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in der betrieblichen Altersversorgung die beste Ergänzung zur gesetzlichen Renten. Wir möchten, dass jede und jeder von einer Betriebsrente im Alter profitiert. Der volle Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag schmälert hingegen die Attraktivität von Betriebsrenten enorm.

Alle Betriebsrentnerinnen und -rentner profitieren

Unser Ziel war und ist daher der halbe Krankenkassenbeitrag so wie in der gesetzlichen Rentenversicherung auch. Von der jetzt vereinbarten Regelung – Umwandlung der Freigrenzen in einen Freibetrag – profitieren alle Betriebsrentnerinnen und -rentner. Mindestens 60 Prozent der Betriebsrentnerinnen und -rentner zahlen dann de facto maximal den halben Beitragssatz, die weiteren 40 Prozent der Betriebsrentnerinnen und -rentner werden spürbar entlastet. Denn die meisten haben eine Betriebsrente, die max. bei 300 Euro liegt. Diese Regelung gilt im Übrigen auch für Einmalzahlungen aus Direktversicherungen.

Hier werden die Krankenkassenbeiträge, die ja auf zehn Jahre berechnet werden, durch den Freibetrag künftig um rund 3000 Euro gesenkt. Die Kosten in Höhe von 1,2 Milliarden Euro jährlich werden vollständig aus Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) finanziert.  Für den Pflegeversicherungsbeitrag gilt nach wie vor die Freigrenze. Hier ändert sich nichts am Beitrag.

Keine rückwirkende Lösung

Allerdings wird es keine rückwirkende Lösung für bereits gezahlte Beiträge geben. Das ist angesichts des erforderlichen Finanzvolumens nicht möglich und stand auch – ehrlicherweise – nicht zur Diskussion. Dafür soll der Freibetrag ab 1. Januar 2020 auch für diejenigen gelten, die bereits in der Auszahlungsphase sind. Es ist klar, dass das nicht alle Betriebsrentnerinnen und -rentner zufriedenstellen wird.

Ich halte es auch nicht für sinnvoll, zwischen Direktversicherungen und anderen Formen der betrieblichen Altersversorgung zu unterscheiden, so wie es häufig gefordert wird. Die Gerichte haben mehrfach geurteilt, dass auch Direktversicherungen als betriebliche Altersversorgung anzusehen sind, wenn die Beiträge über den Arbeitgeber an die Versicherungsgesellschaft weitergeleitet wurden.

Deutliches Signal für die betriebliche Altersversorgung

Außerdem wird häufig vergessen, dass es auch in der Ansparphase Vergünstigungen gegeben hat – um dem Argument zu begegnen, man hätte das Geld auch besser unter das Kopfkissen legen können. Je nach Vorsorgeform und Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gab es Steuer- und/oder Sozialabgabenvergünstigungen. Sicherlich, das spüren viele heute nicht mehr und sie sehen nur, was ihnen „weggenommen“ wird. Zu einer ehrlichen Debatte gehört das aber auch.

Summa summarum: Wir sind hier endlich einen Schritt weiter gekommen. Darüber freue ich mich und es ist ein deutliches Signal für die Stärkung der betrieblichen Altersversorgung.

Autor*in
Ralf Kapschack

ist Bundestagsabgeordneter der SPD für den Wahlkreis Ennepe-Ruhr-Kreis II in Nordrhein-Westfalen und rentenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.

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