Klimaschutzbericht: Scheuer am Steuer – das wird teuer
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Die gute Nachricht zuerst: Die CO2-Emissionen in Deutschland sinken, sehr deutlich sogar. Der Corona-Krise sei Dank ist vielleicht sogar das Reduktionsziel bis Ende 2020 in greifbarer Nähe. Sorgenkind aber bleibt – und das war schon lange vor der Krise so – der Verkehrssektor. Seit dem Jahr 2010 sind die Emissionen, die vor allem im Straßenverkehr verursacht werden, konsequent gestiegen. Damit hat das Verkehrsministerium die rote Laterne in Sachen Klimaschutz. Ein Versagen mit jahrelangem Vorlauf, den der Klimaschutzbericht schonungslos offenlegt.
CSU-Verkehrspolitik seit 10 Jahren
Das zuständige Ministerium ist seit einer Dekade in der Hand der CSU – der letzte SPD-Verkehrsminister war Wolfgang Tiefensee, der bis 2009 das Ressort verantwortete. Danach folgten: Peter Ramsauer, Alexander Dobrindt und schließlich Andreas Scheuer. 10 Jahre CSU-Verkehrspolitik, die offensichtlich keinen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz leisten konnte – oder wollte. Das nennt man im Freistaat, Heimat des Automobilkonzerns BMW, vermutlich Kontinuität.
„Wesentlichen Einfluss auf die Treibhausgasemissionen in diesem Sektor haben die Verkehrsleistung, der Energieeinsatz sowie die Art der eingesetzten Kraftstoffe (Gehalt an fossilem Kohlenstoff)“, heißt es im Klimaschutzbericht. Wird also alles besser, wenn wir nur noch mit E-Autos über die Autobahn rasen? Vielleicht ist das die Hoffnung des CSU-Ministers. Jedenfalls nimmt er seit geraumer Zeit die deutsche Autoindustrie dafür in die Pflicht, fordert mehr Engagement in Sachen Elektromobilität.
Nur: Auch damit wird das Ressort von Scheuer keinen wirkungsvollen Beitrag zur Reduktion von CO2-Emissionen liefern können. Jedenfalls nicht in den nächsten Jahren, denn noch fahren die ganzen fossilen Verbrenner ja. Von den Lkw-Flotten ganz zu schweigen. Statt auf die Industrie zu schimpfen sollte Scheuer lieber auf die Bereiche schauen, die er direkter beeinflussen kann – und das ist der Schienenverkehr sowie der öffentliche Nahverkehr und der Ausbau der Infrastruktur. Doch dort hat sich Scheuer bisher kaum hervorgetan – und ist damit in guter Gesellschaft seiner CSU-Vorgänger.
Scheuer stottert von Fehler zu Fehler
Stattdessen bleibt der Individualverkehr auf vier Rädern Motor der CSU – und selbst der stottert: Eine Pkw-Maut, die von der EU gekippt wurde, hat hunderte Millionen an Steuergeldern verbrannt. Ein neuer Bußgeldkatalog konnte aufgrund eines Formfehlers nicht in Kraft treten. Das immer wieder geforderte generelle Tempolimit scheitert traditionell am Stopp-Schild vor dem Verkehrsministerium. Das wäre gegen jeden Menschenverstand, sagte Andreas Scheuer dazu im Januar 2019 noch.
Dabei ist das Gegenteil der Fall: Es würde nachweislich die CO2-Emissionen von jedem Verbrennungsmotor reduzieren, wenn es ein generelles Tempolimit gäbe. Das weiß im Grunde auch jede Person, die beim Autofahren den Spritverbrauch im Auge behält. Größere Motoren verbrauchen mehr Sprit und mehr Spritverbrauch erhöht den CO2-Ausstoß. Das ist eine Formel, die nicht schwer zu verstehen ist – und selbst der ADAC hat das anerkannt.
Der Klimaschutzbericht zeigt also: Im Verkehrsbereich geht es in Sachen Klimaschutz seit Jahren nicht voran – im Gegenteil. Eine einfache Möglichkeit, Emissionen zu senken, wäre ein generelles Tempolimit, sagt selbst der größte Lobbyverein der Autofahrer*innen. Bleibt also eigentlich nur noch die Frage: Wessen Verstand meint der Bundesverkehrsminister eigentlich?